FR, 6. Februar 2022, S.13 (Zugriff: 07.02.2022)
Das US-Unternehmen Amazon fährt Milliardengewinne ein – und behindert gleichzeitig betriebliche Mitbestimmung. Deutsche Firmen sollten sich Amazon nicht zum Vorbild nehmen.
Es sind Nachrichten, die klingen, als kämen sie aus einem anderen Jahrhundert: Ein Weltkonzern, der mit harten Bandagen gegen die Rechte seiner Arbeiterinnen und Arbeiter kämpft; dessen Vertreter:innen Gewerkschaften als „Verbrecher“ bezeichnet haben sollen; ein Konzern, der Wahlurnen mit Kameras abfilmen und das Verteilen von Gewerkschaftsliteratur verbieten soll. Und – Schnitt – ein Konzern, der zeitgleich solche Geschäftszahlen präsentiert: 14,3 Milliarden Dollar Gewinn in nur einem Quartal.
Amazon wirkt wie aus der Zeit gefallen und ist doch zeitgemäß. Der US-Konzern fährt Milliardengewinne ein, die die Beschäftigten unter vielerorts fragwürdigen Bedingungen in den Lagern, Verteilzentren und Transportern erwirtschaften – aber betriebliche Mitbestimmung? Lieber nicht. Die Menschen sollen sich glücklich schätzen, dass sie überhaupt einen Job haben, so die Botschaft.
Mit dieser Haltung ist Amazon nicht allein. Auch die Bosse anderer Tech-Konzerne wie Elon Musk fremdeln mit Mitbestimmung. Und sie beschränkt sich nicht auf die USA: Seit Jahren ringen Gewerkschaften hierzulande mit Amazon um Tarifverträge und bessere Arbeitsbedingungen. Gleichzeitig nehmen sich deutsche Start-ups wie Gorillas den US-Konzern als Vorbild. Es ist ein schlechtes Vorbild.
ZDF, 27.1.2021 (Zugriff: 28.01.2021)
Das Bundesverwaltungsgericht hat einen vorläufigen Schlusspunkt unter einen jahrelangen Streit zwischen Amazon und Verdi um Sonntagsarbeit im Advent gesetzt. Das Gericht in Leipzig bestätigte am 27.1.2021 ein vorheriges Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Münster, das eine Bewilligung der Sonntagsarbeit gekippt hatte.
Amazon hatte 2015 für mehrere seiner Versandlager Sonntagsarbeit im Advent beantragt - und das mit den erhöhten Bestellungen im Weihnachtsgeschäft begründet. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte die Arbeit an zwei Sonntagen in Rheinberg genehmigt. Dagegen hatte Verdi geklagt.
Die Gewerkschaft kämpft für den Erhalt des vom Grundgesetz besonders geschützten arbeitsfreien Sonntags. "Es kann nicht sein, dass der Versandhändler seinen Kunden Lieferversprechen macht, die er nur erfüllen kann, wenn er die Beschäftigten zur Arbeit am Sonntag zwingt.", hatte Orhan Akman, Bundesfachgruppenleiter für den Einzelhandel, erklärt.
Sonntagsarbeit kann laut Arbeitszeitgesetz ausnahmsweise bewilligt werden, wenn "besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens" dies erfordern. "Besondere Verhältnisse sind vorübergehende Sondersituationen, die eine außerbetriebliche Ursache haben. Sie dürfen also nicht vom Arbeitgeber selbst geschaffen sein", entschied nun das Bundesverwaltungsgericht. Letzteres sei bei Amazon aber der Fall gewesen.
Das OVG in Münster hatte festgestellt, der der Versandhändler die Bestellungen mit kurzfristigen Lieferversprechen ("Same Day Delivery") selbst angekurbelt hatte. Damit hätten nicht "besondere Verhältnisse von außen" auf das Unternehmen eingewirkt.
Amazon teilte mit, die Entscheidung der Bundesverwaltungsrichter sorgfältig prüfen zu wollen. Das Urteil habe keinen Einfluss auf den aktuellen Betriebsablauf. Während der mündlichen Verhandlung hatte der Amazon-Anwalt allerdings gesagt, dass das Unternehmen durchaus weiter ein Bedürfnis für Anträge auf Sonntagsarbeit sehe: "Wir haben in den vergangenen Jahren keine Anträge mehr gestellt, weil wir den Ausgang der Verfahren abwarten wollten."
Tatsächlich bleibt offen, ob auch schon das Weihnachtsgeschäft an sich mit einem erhöhten Auftragseingang eine Sondersituation sein kann, die eine Bewilligung von Sonntagsarbeit rechtfertigen würde. Das sei im konkreten Fall nicht zu entscheiden gewesen, erklärte das Gericht.
Quelle: dpa
FAS, 4.1.2021, 110:28 Uhr (Zugriff: 04.01.2021)
Es geschah Ende 2020. Aus dem Amazon-Fan Rainer Hank - bis zur Rente leitender Wirtschaftsredakteur der FAZ - wurde ein scharfer, enttäuschter Amazon-Kritiker. Und das passsiertes so, wie er in der FAZ am 3.1.2021 schrieb: "In den letzten Wochen des Jahres 2020 habe ich den Glauben an Amazon verloren.
Und das kam so. Einige kurz hintereinander erfolgte Abbuchungen von Anfang November auf meiner Kreditkartenabrechnung, keine großen Beträge, kamen mir spanisch vor. Ich hatte die Befürchtung, ein Betrüger müsse mein Amazon-Konto gehackt haben. Solche Sachen liest man ja; warum sollte ich verschont bleiben. Ich bat meine Bank, das mutmaßlich betrügerisch abgebuchte Geld zurückzufordern. Das funktionierte binnen eines Tages reibungslos.
Tags darauf musste ich feststellen, dass es keinen Hacker gab, ich bloß bei der coronabedingt vielfältigen Online-Bestellerei den Überblick über meine Käufe verloren hatte. So waren mir etwa die Fahrradhandschuhe für 10,97 Euro nicht mehr präsent. Mein Fehler, gewiss – aber ein Fehler, den ich mir durchgehen lasse. Kann passieren.
Danach lernte ich Amazon von einer anderen Seite kennen. Wie naiv war es von mir zu meinen, die Sache lasse sich mit einer korrigierenden E-Mail an Amazon aus der Welt schaffen. Erst einmal reagierte das Unternehmen gar nicht. Dann erhielt ich die Mitteilung, mein Amazon-Konto sei gesperrt, angeblich, um mich zu schützen. Einige Tage später wurde ich aufgefordert, ich solle die Nummer einer Kreditkarte angeben, um die Bestellungen zu bezahlen, die aber nicht jene Kreditkarte sein dürfe, von der ursprünglich die Beträge abgebucht worden seien; sie müsse aber gleichwohl auf meinem Amazon-Konto hinterlegt sein. Das werde schwierig, antwortete ich, denn es sei keine andere Kreditkarte hinterlegt, ich könne das aber jetzt gerne nachholen. Nein, das sei nicht möglich, wurde mir einige Tage später mitgeteilt.
Da schwante mir: Die Sache wird sich ziehen. Ich kürze ab: Amazon ächtete mich und schloss mich wochenlang aus der Community aus. Am anderen Ende der Telefon-Hotline traf ich zwar immer auf freundliche Call-Center-Mitarbeiterinnen, die stets versicherten, mein Anliegen weiterzugeben. Doch ohne Erfolg.
Ich wäre bereit gewesen, das Geld persönlich mit Schufa-Zertifikat vorbeizubringen oder als Einschreiben an Jeff Bezos nach Seattle zu schicken. Es nützte alles nichts. Wie Hohn kam es mir vor, dass die in nicht leicht zu verstehendem Deutsch formulierten E-Mails von „Kontospezialist. Amazon.de“ mit dem Hinweis enden: „Unser Ziel: das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt zu sein. Ihr Feedback hilft uns dabei.“
Ich höre schon die Häme der Leser: Das kommt davon, wenn man sich auf Amazon verlässt. Und ich höre den Vorwurf: Hier wird ein einmaliger Vorfall, für dessen Eintreten ich auch noch selbst verantwortlich bin, generalisiert und zum Vertrauens-Super-GAU hochstilisiert. Diesen Verdacht zu entkräften half mir – wie stets – das F.A.Z.-Archiv. Dort findet sich genügend Material meiner Leidensgenossen, alle mit dem Tenor: Wehe dem, der den Automatismus von Amazon stört. Der wird bestraft.
Marktmacht ist verführerisch und bequem für den Kunden
Als dilettierender Kartellexperte hätte ich vor diesem ärgerlichen Vorfall stets behauptet, Amazon sei nicht gefährlich trotz seiner inzwischen 80 Prozent Marktanteile im Online-Handel. Denn das Unternehmen nützt seine Macht ganz offensichtlich nicht aus, mir höhere Preise abzuknöpfen. Der Erfolg verdankt sich seiner auf Netzwerkeffekten beruhenden Leistung – mit freundlicher Unterstützung durch die aktuelle Seuche, die es uns verbietet, beim stationären Händler einzukaufen. Doch jetzt sehe ich: Preissetzungsmacht ist nicht der einzige Schaden, den ein Monopolist den Menschen zufügt. Ich wurde Opfer einer Mischung aus Bürokratismus und Desinteresse am einzelnen Kunden.
Der Monopolist braucht sich – allen Marketingsprüchen zum Trotz – nicht mehr besonders anzustrengen. Bei einem Rekordumsatz von hochgerechnet etwa 380 Milliarden Dollar im Jahr 2020 und einem Gewinn allein in den ersten drei Quartalen von 14 Milliarden Dollar kommt es auf den Kunden Hank nun wirklich nicht an. Abwandern wird er nicht, er hat ja keine Alternative".
forstpraxis (Zugriff: 19.10.2020)
Die britische Non-Profit-Organisation Earthsight erhebt schwere Vorwürfe gegen den Möbelgiganten IKEA und den FSC. Es geht um jederzeit verfügbare Billigmöbel, die dennoch auch vorgeblich nachhaltigem Holz sind.
Holz aus der Ukraine
Als Fallbeispiel dient die Firma Plimob im rumänischen Sighetu Marma?iei in der Region Maramures direkt an der Grenze zur Ukraine. Sie produziert Stühle wie die IKEA-Ikonen „Terje“ oder „Ingolf“. Billiges Holz war in Rumänien viele Jahre eine Selbstverständlichkeit. Durch Widerstände gegen ungeregelte Forstwirtschaft und Raubbau in Nationalparks steigen jedoch die Holzpreise. Auf der anderen Seite der Grenze, nur 18 km von Plimob entfernt in, produziert die ukrainische Möbelfirma VGSM ebenfalls für IKEA. Bis 1998 gehörte sie laut Earthsight zur IKEA-Tochter Swedwood, wurde dann aber verkauft, angeblich wegen Korruptionsvorwürfen. Neben der direkten Produktion für IKEA liefere VGSM jedoch große Menge Buchenschnittholz an Plimob.
40 % illegal
Soweit, so unauffällig. 40 % des Holzes, das direkt oder über Holzeinschlagsunternehmen an VGSM geht, sie illegaler Herkunft, behauptet Earthsight. Dabei gehe es weniger um Holzfällungen in Schutzgebieten, sondern um Verstoß gegen Ruhezeiten. In der Ukraine ist während er Brut- und Setzzeit von 1. April bis zum 15. Juni jeder Holzeinschlag verboten. Ausnahme: Sanitärhiebe, beispielsweise Sturmwürfe. Earthsights Vorwurf: Die ukrainischen Forstbehörden winken gegen entsprechendes Kleingeld jeden Holzeinschlag als Sanitärhieb durch. Die staatliche Umweltinspektion der Ukraine habe 2018 allein für das VGSM betreffende Gebiet 109 illegale Rodungen festgestellt. 2019 und 2020 sei das Niveau ähnlich hoch gewesen.
Systematischer Betrug
Die illegalen Einschläge seien keine Einzelfälle, berichtet Earthsight weiter. Forstleute und Waldarbeiter seien an dem systematischen Betrug beteiligt. Niedrige Löhne verführen zur Korruption. So werden aus 200 Fm offiziellem Holzeinschlag gern mal 300 Fm, von denen 100 Fm in dunklen Kanälen und das Geld dafür in den Taschen der Beteiligten verschwinden. Papiere, die das Holz legalisieren, stelle der regionale Staatsforstbetrieb gleich mit aus.
Unwirksame Kontrollen
Dennoch ist auch dieser Staatsforstbetrieb FSC-zertifiziert. Wie das, will doch gerade das FSC-Siegel als Garant für Legalität und Nachhaltigkeit gelten? Ein Whistleblower erklärt gegenüber Earthsight, dass es FSC-Kontrolleuren nicht gestattet sei, selbständige Kontrollen durchzuführen. Alle Mitarbeiter des kontrollierten Betriebs bekommen demnach für den Tag der Kontrolle neue Arbeitskleidung, die ihnen anschließend wieder abgenommen werde. „Maskenball“ nennt der Informant das.
Widersprüche
Bei einer Befragung hätten sich VGSM, IKEA und FSC in Widersprüche verstrickt, erklärt Earthsight. Einmal gelte die Ruhezeit laut IKEA nur auf Teilflächen der Wälder, im Rest dürfe man Holz ernten. Dann gelte sie laut FSC doch für den gesamten Wald, das Gesetz lasse aber Spielräume offen, so IKEA nach einer Kehrtwende. Auch VGSM berufe sich auf die unklare Gesetzeslage und spricht von einem „europäischen ökologischen Standpunkt, wonach Holz, das durch Bruch einer Vorschrift geerntet wird, als illegal gilt“. Soviel zum ukrainischen Rechtsverständnis. Falsch gemacht habe jedenfalls niemand etwas.
Wer zahlt, schafft an
Als Kernproblem hat Earthsight identifiziert, dass der FSC genau von den Firmen bezahlt wird, die er prüfen soll. Man brauche nicht viel Phantasie, so Earthsight, um sich vorzustellen, dass die Prüfungen im Sinne des Geprüften ablaufen. Es mag sein, dass es in Deutschland und Westeuropa tatsächlich Firmen in der Forst- und Holzwirtschaft gibt, die ein Eigeninteresse an nachaltiger Forstwirtschaft und nachhaltigen Holzprodukten haben. Nur in diesen Fällen funktioniert das FSC-Siegel Ansonsten nicht. Dann ist es lediglich ein Türöffner für illegale Hölzer in den europäischen Markt.
Quelle: Der Spiegel, Nr. 29, vom11.7.2020, S. 68-72 (Zugriff: 11.07.2020)
Seit 12. März 2020 hat die Pandemie dazu beigetragen, dass Amazon eine Wertsteigerung von 702 Milliarden US-Dollar an der Börse erfahren hat und im 1. Quartal 2020 im Vergleich zum 1. Quartal im Vorjahr um 26 % höher, einfach, weil viele durch strikte Pandemie-Maßnahmen kaum eine Alternative hatten, benötigte Dinge anders wo zu bestellen. SPIEGEL: „In den USA laufen sowohl beim Justizausschuss des Repräsentantenhauses wie auch bei der Handelsaufsicht FTC Untersuchungen gegen Amazon wegen des Verdachts auf wettbewerbsfeindliches Verhalten. In Europa bereitet die EU-Kommission unter Wettbewerbshüterin Margrethe Vestager eine Kartellklage vor. Zudem wird der Konzern in mehreren Ländern scharf dafür kritisiert, seine Mitarbeiter nicht genügend vor dem Coronavirus zu schützen. (…) 82 % der amerikanischen Haushalte sind Premium-Kunde; in Deutschland sind es 17 % von 41 Millionen deutschen Haushalten“. Der Himmel für die Kunden; die „Hölle für viele Mitarbeiter, Geschäftspartner, Drittanbieter, Produzenten und Kuriere, die die Waren ausfahren“. Viele Mitarbeiter sind in ständiger Angst um ihren Job, denn Amazon stellt häufig nur befristet ein, lässt die Verträge auslaufen und stellt neue Mitarbeiter ein. Die Arbeit ist oft monoton und wird durch die Taktung der Computer und Roboter vorgegeben, die auch die ständig im Laufe von Jahren erhöhen. Nahezu ist die Kontrolle der Mitarbeiter. Wer unter dem Mittelwert der Zeitstatistik liegt, muss damit rechnen, den Job zu verlieren: „Die Mitarbeiter mutieren hier zu Maschinen“. Wer sich häufiger krank meldet, riskiert auch seinen Job. Daher kommen etliche Mitarbeiter auch angeschlagen zu Arbeit – auch und gerade in der Pandemie: „Die Gesundheit der Beschäftigten werde fahrlässig dem Profit untergeordnet“. Amazon widerspricht dem. Fehler auf Seiten Amazons werden oft bagatellisiert, auf Seiten der kleinen Geschäftspartner sanktioniert, indem sie die finanzielle Last der durch Kunden reklamierte Ware allein tragen müssen und oft ihre Ware nicht wiedersehen. Und „was sich gut verkauft, bietet Amazon selbst an“, so dass der Händler als „Trüffelschwein“ ausgenutzt, aber nicht als Partner behandelt wird. Vestager: „Sie werden es nicht glauben, aber man kann im Internet einkaufen, ohne bei Amazon bestellen“.
ARD Panorama, 15.10.2020 (Zugriff: 15.10.2020)
"Amazon: Der Vorgesetzte sieht alle
Amazon ist einer der großen Corona-Gewinner. Die Umsätze steigen rasant und auch die Aktie befindet sich auf einem Rekordniveau: Seit Mitte März hat sich ihr Wert fast verdoppelt. Weniger rosig ist die Situation für viele Beschäftigte: Recherchen zeigen, dass sie engmaschig überwacht werden, damit die Produktivität steigt. Als Greenpeace zu Umweltproblemen bei Amazon recherchierte, stieß die Organisation auf diese Form der Überwachung und machte die Dokumente dem NDR zugänglich. Sie belegen erstmalig: Amazon kontrolliert permanent die Leistung der Arbeiter.
Dokumente, die dem NDR vorliegen, belegen erstmalig: Amazon kontrolliert permanent die Leistung der Arbeiter. Genutzt wird dafür eine Software des Warenwirtschaftssystems.
Und so funktioniert das Programm zur Leistungskontrolle: Der Amazon-Mitarbeiter scannt jedes Teil, das er einlagert, heraussucht oder in ein Paket packt. Dieser Scan-Vorgang wird sekundengenau aufgezeichnet und einem Vorarbeiter angezeigt. So kann er jeden Arbeitsschritt der Beschäftigten überwachen und sehen, ob ein bestimmter Arbeiter auch genügend Pakete, um die durchschnittliche Rate zu erfüllen. Er sieht auf seinem Display auch, wenn jemand mal für wenige Minuten nicht arbeitet. Geht es insgesamt nicht schnell genug, greift der Vorarbeiter ein.
Vorarbeiter bestätigt ständige Kontrolle
Das bestätigt ein Vorarbeiter, der in einem der Amazon-Versandlager in Deutschland arbeitet und sich gegenüber Panorama anonym äußert: "Dann gucke ich vor Ort, was das Problem ist. Unterhält sich der Mitarbeiter vielleicht zu lange, ist er nicht am Platz, zu oft auf der Toilette?" Amazon schreibt uns, das System helfe "Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beim Anlernen neuer Prozesse" und gebe bei Bedarf "Hilfestellungen".
Ob diese engmaschige, lückenlose Überwachung rechtlich einwandfrei ist, ist aber umstritten. In Niedersachsen läuft deswegen ein Kontrollverfahren der Datenschutzbehörde. Amazon schreibt uns auf Nachfrage: "Nach unserer Einschätzung sind diese Systeme im Einklang mit den Verordnungen und Gesetzen in Deutschland und in der EU." Man nutze das Programm als "Warenwirtschaftssystem, mit dem wir die Abläufe für Kundenbestellungen in unserem Netzwerk planen."
Rate steigt kontinuierlich
Auf dieser Grundlage werden die Arbeiter offenbar verglichen. Obwohl es offiziell keine Akkordarbeit gibt, entsteht so defacto ein starker Druck, so viele Pakete wie möglich zu bearbeiten. Denn: Wer am wenigsten leistet, muss um die Verlängerung des häufig befristeten Vertrags fürchten.
Am Ende entscheide auch die durch die Software gemessene Schnelligkeit, wer beschäftigt wird oder nicht, so der Vorarbeiter. Die Schnellen bleiben, die eher Langsamen müssen gehen. Die Folge: eine kontinuierlich steigende Durchschnitts-Rate, an der sich die Beschäftigten zu orientieren haben. Wer heute noch schnell genug ist, um weiter beschäftigt zu werden, kann schon morgen zu langsam sein - und damit vor dem Aus stehen.
Das Ergebnis, so der Vorarbeiter, führt zu den so genannten "Release Days" - übersetzt etwa "Tage der Freisetzung". An diesen Tagen wird den Mitarbeitern mitgeteilt, ob ihr befristeter Vertrag ausläuft oder verlängert wird. Der Vorarbeiter berichtet: "Man hat die Unterlagen vor sich, die Security steht bereit, falls es Probleme gibt. Denn wenn mehrere Leute gleichzeitig gehen mit schlechter Laune, kann es natürlich auch mal zu verbalen Auseinandersetzungen oder auch zu Handgreiflichkeiten kommen."
Ehemalige Beschäftigte bestätigt Überwachung
Fatma Körugallari hat die Überwachung am eigenen Leib erfahren. Sie hat fast zwei Jahre im großen Versandlager im niedersächsischen Winsen (Luhe) gearbeitet, wurde sogar in den Betriebsrat gewählt. Der Druck war immer zu spüren, erinnert sich die heute 60-Jährige. Wenn die Rate mal fiel, sei sie sofort ermahnt worden. "Ich wurde dann zum Beispiel gefragt, wo ich um eine bestimmte Uhrzeit war", sagt sie.
Kurz nach Weihnachten 2018 hat sie dann erst erfahren, dass ihr nur wenige Tage später endender Vertrag nicht verlängert wird. Zum plötzlichen Abschied habe es lediglich ein kühles Dankeschön und eine Tafel Schokolade gegeben. Amazon möchte diesen Fall nicht kommentieren.
Arbeitssoziologe: Fluktuation und Kontrolle Teil des Amazon-Modells
Für Peter Birke von der Universität Göttingen sind die ständige Überprüfung der Arbeiter und befristete Verträge Teil des Beschäftigungsmodells bei Amazon. "Solange die Leute noch befristet sind, ist die Sanktionsmöglichkeit des Betriebs groß, weil die Beschäftigten ohne Angabe von Gründen nicht weiter angestellt werden müssen", so der Arbeitssoziologe".
Sebastian Friedrich und Johannes Jolmes von Panorama für die ARD/1. Programm
Umwelt (Zugriff: 04.02.2020)
Amazon droht Mitarbeitern mit Entlassung
Hunderte Mitarbeiter kritisieren Amazons Klimapolitik. Sie fordern von Amazon mehr Einsatz für den Klimaschutz - und riskieren damit ihre Jobs. Eine Richtlinie verbietet Mitarbeitern öffentliche Kritik an Unternehmensentscheidungen
Eigentlich ist Amazons Mitarbeitern öffentliche Kritik am Unternehmen untersagt.
Eine Gruppe von 357 Angestellten hält sich jedoch nicht daran: In einem Blog-Eintrag von diesem Sonntag kritisieren die Amazon Employees for Climate Justice (AECJ, Amazon-Angestellte für Klimagerechtigkeit) die Klimaziele des Internetkonzerns als unzureichend. Sie rufen Amazon auf, deutlich ambitioniertere Ziele im Kampf gegen den Klimawandel zu setzen als bisher.
Im September vergangenen Jahres hatte Konzernchef Jeff Bezos mitgeteilt, sein Unternehmen wolle beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle einnehmen und bis zum Jahr 2040 CO2-neutral werden. AECJ fordert nun, dieses Ziel auf 2030 vorzuziehen.
"Als Amazon-Mitarbeiter sind wir nicht nur für den Erfolg des Unternehmens verantwortlich, sondern auch für seine Auswirkungen", sagte Softwareentwicklerin Sarah Tracy. "Es ist unsere moralische Pflicht, uns dafür einzusetzen, und die Änderungen der Kommunikationsregeln halten uns davon ab, dieser Verantwortung nachzukommen."
Tracy und ihre Kollegen unterschrieben den Blogeintrag mit Namen und Job-Titel, obwohl der Konzern ihnen vor Kurzem per Brief mit der Entlassung gedroht hatte, wenn sie weiterhin Kritik öffentlich äußerten. Bereits im vergangenen Jahr hatten mehr als 8000 Beschäftigte einen offenen Brief an Konzernchef Bezos unterzeichnet. Darin forderten sie, dass Amazon seine CO2-Emissionen senkt und seinen Einsatz fossiler Energien beendet.
Amazon ist mit knapp 650.000 Mitarbeitern, so der neueste Stand von 2018, der weltgrößte Internethändler. Der Konzern wird unter anderem für die Belastungen seiner Paketlieferungen für das Klima kritisiert. Amazon nutzt fossile Brennstoffe, um seine Pakete in Flugzeugen und Lkw um die Welt zu transportieren. Der Konzern hat zudem einen gewaltigen Strombedarf, weil er für seine lukrativen Clouddienste große Datenzentren betreibt. In der Kritik steht auch, dass Amazon Anwendungen zu künstlicher Intelligenz (KI) an Firmen aus dem Ölsektor verkaufe.
Amazon will bis 2030 nur noch erneuerbare Energien einsetzen
Amazon teilte nach der erneuten Kritik mit, dass es neben seinem Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden, auch bis 2030 zu 100 Prozent erneuerbare Energien einsetzen wolle. Auf die Vorwürfe zu den externen Kommunikationsrichtlinien entgegnete der Konzern, dass diese nicht neu seien, für alle Angestellten gleichermaßen gelten und denen anderer großer Firmen ähnelten.
Tatsächlich ist es nicht ungewöhnlich, dass Unternehmen ihren Beschäftigten auferlegen, sich öffentlich mit Kritik an Unternehmensentscheidungen zurückzuhalten.
Die Zeitung "Washington Post", die Amazon-Chef Bezos gehört, zitierte in einem Artikel Amazon-Sprecher Drew Herdener mit den Worten, dass Amazon-Angestellte ermutigt würden, ihre Kritik stattdessen auf internen Plattformen zu äußern. Maulkorb nach außen, aber nicht nach innen? Schwer zu glauben.
Jedenfalls kann das 1 Billion teure Unternehmen laut Börsenwert sicher eine deutlich nachhaltige Klimapolitik betreiben. Doch durch das neue Angebot, Waren just in time innerhalb von 24 Stunden nach der Bestellung auszuliefern, hat 150 Millionen Kunden dieses Prime-Abonnement annehmen lassen. Was zu erhöhtem Lieferverkehr mit entsprechenden CO2-Abgasen und Schadstoffen führt.
mit Material von afp vom 27.1.2020
Policy Matters Ohio, 05.01.2018 (Zugriff: 14.01.2019)
"Zach Schiller, Research Director von Policy Matters, sagte. „Es ist beunruhigend, dass so viele der Qualifizierten arbeiten und trotzdem nicht genug verdienen, um damit auskommen zu können. Die plötzliche Entstehung von Amazon als Arbeitgeber so vieler Menschen, die diese Unterstützung benötigen, wirft eine Frage auf: Warum bietet dieses riesige, erfolgreiche Unternehmen so wenig Lohn und Arbeitszeit an, dass viele seiner Mitarbeiter Hilfe beim Kauf von Nahrungsmitteln benötigen? “
Die große Zahl von Arbeitern bei Amazon und anderen großen Unternehmen wie Wal-Mart, Kroger, Home Depot, der Cleveland Clinic und Target, die SNAP-Hilfe erhalten, zeigt, dass die meisten Menschen, die Nahrungsmittelhilfe erhalten, arbeiten.
Amazon erhält auch staatliche und lokale Subventionen in den Lagern in Millionenhöhe. In einem kürzlich erschienenen Artikel in Bloomberg Businessweek wurde detailliert beschrieben, wie Notfallhelfer in Licking County mindestens einmal täglich Anrufe in einem Amazon-Warenhaus ohne finanzielle Unterstützung des Unternehmens beantworten. "Während die meisten großen Unternehmen Steuervergünstigungen aus Staaten und Kommunen beziehen, in denen sie expandieren wollen", sagte Amazon, "ist Amazon in Ohio zu einer Art Aushängeschild für Anreize geworden, die es den öffentlichen Diensten schwer machen, die zusätzliche Belastung unterzubringen." Einrichtungen bringen. "
"Die staatlichen und lokalen Steueranreize, die Amazon erhält, umfassen nicht die Zehntausende von Dollars, die seine Mitarbeiter in Ohio jeden Monat für Nahrungsmittelleistungen brauchen", sagte Schiller. "Wenn man das bedenkt, sind die Subventionen noch größer"."
Frankfurter Rundschau, 1.9.16, S. 15 (Zugriff: 01.09.2016)
„In ihrem langwierigen Kampf für bessere Arbeitsbedingungen beim Versandhändler Amazon haben die Beschäftigten am Mittwoch Unterstützung vom obersten deutschen Gewerkschafter erhalten. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, besuchte auf seiner Sommerreise den hessischen Amazon-Standort Bad Hersfeld, um den Beschäftigten auf einer Betriebsversammlung Mut zuzusprechen.
(…)
Der DGB-Vorsitzende kritisierte die Arbeitsbedingungen scharf. Das Unternehmen wende Methoden an, mit denen „Beschäftigte zu Maschinen degradiert werden“. Der Krankenstand sei „riesig hoch“. Die Krankheitsquote beträgt nach Gewerkschaftsangaben zwischen 15 und 20 Prozent. In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) lag diese Quote im vergangenen Jahr nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums bei lediglich 3,86 Prozent. (…)“
spiegel.de, 08.03.2016 (Zugriff: 09.03.2016)
„[…] Für elf frühere und aktuelle Packer sowie Überwacher war das Misstrauen des Amazon-Konzerns offenbar zu viel: Wie das Nachrichtenportal "Bloomberg Business" berichtet, enthüllten sie, dass der Online-Händler klauende Kollegen mit Videos an den Pranger stellt.
Auf großen Flachbildschirmen werden den Packern demnach Mitschnitte von Diebstählen gezeigt - inklusive genauer Beschreibung zum Diebesgut und den Geschichten der dann gefeuerten Kollegen. […]
Einige der anonymisierten Mitarbeiter seien auf den Bildschirmen mit "verhaftet" gekennzeichnet.
Diebstahl ist dem Bericht zufolge ein großes Problem für Amazon. Schließlich hätten es schlechtbezahlte Mitarbeiter in den Hallen oft mit kleinen, aber wertvollen Gegenständen zu tun. Das hätten auch die Mitarbeiter bestätigt, die für die Geschichte auspackten.
Ob die befremdliche Art der Abschreckung hilft? Verglichen mit den niedrigen Gehältern und der Arbeitsbelastung seien die Videoaufnahmen der gefeuerten Kollegen ein eher kleines Problem, zitiert "Bloomberg" einen Packer aus dem US-Bundesstaat Kalifornien: "Es erinnert die Menschen schlicht daran, dass sie überwacht werden." […]“.
huffingtonpost.de, 24.09.2014 (Zugriff: 19.08.2015)
Die Huffington Post berichtet über die verhärteten Fronten zwischen Amazon und der Gewerkschaft Verdi. Diese fordert von Amazon die Übernahme eines Tarifvertrags nach den Bedingungen des Einzel- und Versandhandels.
„(…) Das würden die Mitarbeiter auf ihrem Konto merken - sie hätten mehrere Hundert Euro mehr. Amazon lehnt dies aber ab und orientiert sich an den günstigeren Konditionen der Logistikbranche.
(…) Wirklich lustig ist beim Lohnzoff zwischen Amazon Deutschland und Verdi übrigens ein Blick in die USA. Dort vergleicht sich Amazon nämlich gar nicht gerne mit den Löhnen im Logistik-Sektor. Hier bezieht sich das Unternehmen nämlich auf ... den Einzelhandel.
Zumindest macht Amazon das, wenn es seine Jobs in den Lagerhallen anpreist (wo übrigens viele Zeitarbeiter mit wenig Jobsicherheit arbeiten).
Amazon in den USA merkte etwa 2013 an:
"Die mittlere Bezahlung in Amazon-Vertriebszentren ist 30 Prozent höher als bei Angestellten in traditionellen Einzelhandelsgeschäften"
Falls Sie sich jetzt fragen, warum Amazon in den USA seine Mitarbeiter als nicht-traditionelle Einzelhandelsmitarbeiter ansieht, kann Ihnen das Statistikamt des amerikanischen Arbeitsministeriums helfen. Der durchschnittliche Einzelhandelsverkäufer in den USA verdient 9,81 Dollar, während der Logistikmitarbeiter 14,25 Dollar verdient.
Amazon ist also ein Einzelhändler, der manchmal die Löhne gerne mit dem Handel vergleicht. Amazon ist aber auch ein Logistikunternehmen, das seine Löhne gerne mit denen der Logistikbranche vergleicht.
Amazon antwortete bisher nicht auf die Frage, ob die Firma versucht, zweigleisig zu fahren“.
fr-online.de, 18.08.2015 (Zugriff: 19.08.2015)
„(…) Der weltweit größte Online-Händler Amazon hat die Überwachung seiner Belegschaft in den neun deutschen Verteil-Zentren offenbar in bisher unbekannter Weise perfektioniert. (…)
Möglich ist die nahezu lückenlose Leistungskontrolle der mehr als 10 000 fest angestellten Amazon-Mitarbeiter durch Scanner, die das wichtigste Arbeitsmittel in den Warenlagern sind und wie Fahrtenschreiber jeden Schritt aufzeichnen können. Verdi-Gewerkschaftssekretär Markus Hoffmann-Achenbach erklärt, wie das geht: Die mit Displays ausgestatteten Geräte informieren die „Picker“ genannten Lagerarbeiter über abzuholende Waren und deren Standort in den Regalen. Dort angelangt, erfassen die Scanner Strichcodes der Regale und auch der einzelnen Waren, sobald diese in die Transportboxen gelegt wurden. Am Ziel wird die Ankunft der Lieferung nochmals registriert. „Das System weiß immer, wer was in welcher Zeit transportiert“, sagt Hoffmann-Achenbach, der für das Lager in Brieselang bei Berlin zuständig ist.
Und dieses Wissen bleibt nicht folgenlos. In sogenannten Feedback-Gesprächen werden Beschäftigte laut Hoffmann-Achenbach mit dem Hinweis auf die Leistungen von Kollegen massiv unter Druck gesetzt: „Als Maßstab werden immer die Besten herangezogen und den anderen als Konkurrenten präsentiert, die es zu übertreffen gilt.“ Dabei komme es dem Unternehmen zupass, dass viele Mitarbeiter nur befristet angestellt seien. (…) Im Ergebnis handele es sich bei Amazon um bisher unbekannte Form der Akkordarbeit im Dienstleistungsbereich.
„Es herrscht ein enormer Druck“, bestätigt Thomas Schneider, Verdi-Gewerkschafter am Standort Leipzig. Erst vor kurzem sei der „Fast Start“, der schnelle Start in den Arbeitstag eingeführt worden: „Die Belegschaft ist gehalten, sämtliche Arbeitsmittel bereits vor Beginn der Schicht bereit zu halten, um nach der Morgenbesprechung sofort los legen zu können. Da zählt jede Minute.“ Und zwar für das Betriebsergebnis, und nicht für den Kunden, der laut Management im Mittelpunkt stehe, argwöhnt Schneider.
Wie sehr sich Amazon dem Big Brother George Orwells angenähert hat und dabei auch auf menschliche Spitzeldienste nicht verzichtet, belegen sogenannte Inaktivitätsprotokolle. In einem internen Schriftstück, das dieser Zeitung vorliegt, ist von einem Mitarbeiter die Rede, der „in der Zeit von 7:27 bis 7:36 inaktiv“ gewesen sei. Zwei „Area Manager“ hätten beobachtet, wie der Angestellte mit einem Kollegen „zwischen den Receive Plätzen 05-06 und 05-07 am 3Level Conveyor in Halle 2“ unterhalten habe. Vermerkt wird im Folgenden, besagter Mitarbeiter sei bereits zuvor zweimal durch jeweils ein- und zweiminütige Unterhaltungen aktenkundig geworden. Man habe ihn daher „im Gespräch belehrt“, dass damit die „arbeitsvertragliche Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung verletzt“ worden sei.
„Amazon hat ein System totaler Kontrolle, Gängelung und Maßregelung geschaffen“, sagt Schneider. (…)“.
sueddeutsche.de, 17.08.2015 (Zugriff: 18.08.2015)
„Auch deutsche Amazon-Mitarbeiter berichten von Schikane
Die Schikanen gegen Mitarbeiter bei Amazon haben offenbar auch in Deutschland System. Das bestätigten ehemalige Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung.
Ein Bericht der New York Times hatte für Aufsehen gesorgt. Demnach werden Amazon-Mitarbeiter systematisch überwacht, mit Arbeit überhäuft und dazu angehalten, sich gegenseitig anzuschwärzen.
Beim weltgrößten Online-Versandhändler Amazon werden Mitarbeiter offenbar auch in Deutschland gezielt schikaniert und unter Druck gesetzt, um sie zu noch mehr Einsatz zu zwingen.
Eine frühere Amazon-Mitarbeiterin sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei üblich, dass Chefs ihre Untergebenen anschrien. Zum Weinen gehe man auf Toilette, an Geschluchze aus der Nachbarkabine gewöhne man sich schnell. Auch gebe es eine Art Wettbewerb, wer abends als letzter nach Hause geht und auf Rundmails am Wochenende am schnellsten antwortet.
In den USA sorgt derzeit ein Bericht der New York Times für Aufsehen. Die Zeitung hat mit mehr als 100 Amazon-Insidern gesprochen. Nach ihren Aussagen erwartet die Amazon-Führung zum Beispiel von Angestellten, dass sie E-Mails auch nach Mitternacht beantworten.
Amazon-Chef Jeff Bezos und etliche andere US-Manager treiben Mitarbeiter gnadenlos bis in die Erschöpfung - weil es sich lohnt. Kommentar
Amazon hat auch in Deutschland keinen guten Ruf. So erstellt die Firma in ihren Versandzentren sogenannte Inaktivitätsprotokolle. In einem dieser Protokolle aus dem Jahr 2014, das der SZ vorliegt, wird einem Mitarbeiter vorgeworfen, sich "von 07.27 bis 07.36 Uhr unterhalten" zu haben. Stefanie Nutzenberger, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Verdi, sagte, das System Amazon bestehe auch hierzulande aus "Arbeitshetze und Druck". Davon zeugten extrem hohe Krankenquoten von 20 Prozent und mehr.
Nach Aussagen von Mitarbeitern in den USA handelt es sich bei den Schikanen nicht um Auswüchse, vielmehr soll Firmengründer Jeff Bezos den rüden Umgang persönlich angeordnet haben. Er wird mit den Worten zitiert, zu viel Harmonie im Betrieb schade dem wirtschaftlichen Erfolg, weil selbst offensichtliche Fehlentscheidungen aus falsch verstandener Rücksichtnahme nicht beanstandet würden.
Wie aktuelle und ehemalige Angestellte des US-Konzerns berichten, gilt das zudem nicht nur für die Beschäftigten in den Versandzentren, aus denen in der Vergangenheit immer wieder schwere Missstände berichtet wurden, sondern auch für Verwaltungskräfte. Alle gut 180 000 Mitarbeiter würden überwacht, rund um die Uhr mit Arbeit überhäuft und zudem dazu angehalten, sich bei vermeintlichen Fehlleistungen gegenseitig anzuschwärzen. Manche Mitarbeiter bezahlten Dienstreisen selbst, weil sie sich nicht trauten, sie abzurechnen. Wer gesundheitliche Probleme habe, dem drohe der Rauswurf. Dies sei etwa Beschäftigten passiert, die von einem Krebsleiden erfahren oder eine Fehlgeburt erlitten hätten.
(…) Amazon-Chef Bezos, der einer der fünf reichsten Menschen der Welt sein soll, wies den Times-Bericht in einer E-Mail an die Beschäftigten zurück. Das sei "nicht das Amazon, das ich kenne", schrieb er. Er rief die Mitarbeiter auf, Fälle von Schikane Vorgesetzten oder ihm selbst zu melden“.
sueddeutsche.de, 17.08.2015 (Zugriff: 18.08.2015)
„Auch deutsche Amazon-Mitarbeiter berichten von Schikane
Die Schikanen gegen Mitarbeiter bei Amazon haben offenbar auch in Deutschland System. Das bestätigten ehemalige Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung.
Ein Bericht der New York Times hatte für Aufsehen gesorgt. Demnach werden Amazon-Mitarbeiter systematisch überwacht, mit Arbeit überhäuft und dazu angehalten, sich gegenseitig anzuschwärzen.
Beim weltgrößten Online-Versandhändler Amazon werden Mitarbeiter offenbar auch in Deutschland gezielt schikaniert und unter Druck gesetzt, um sie zu noch mehr Einsatz zu zwingen.
Eine frühere Amazon-Mitarbeiterin sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei üblich, dass Chefs ihre Untergebenen anschrien. Zum Weinen gehe man auf Toilette, an Geschluchze aus der Nachbarkabine gewöhne man sich schnell. Auch gebe es eine Art Wettbewerb, wer abends als letzter nach Hause geht und auf Rundmails am Wochenende am schnellsten antwortet.
In den USA sorgt derzeit ein Bericht der New York Times für Aufsehen. Die Zeitung hat mit mehr als 100 Amazon-Insidern gesprochen. Nach ihren Aussagen erwartet die Amazon-Führung zum Beispiel von Angestellten, dass sie E-Mails auch nach Mitternacht beantworten.
Amazon-Chef Jeff Bezos und etliche andere US-Manager treiben Mitarbeiter gnadenlos bis in die Erschöpfung - weil es sich lohnt. Kommentar
Amazon hat auch in Deutschland keinen guten Ruf. So erstellt die Firma in ihren Versandzentren sogenannte Inaktivitätsprotokolle. In einem dieser Protokolle aus dem Jahr 2014, das der SZ vorliegt, wird einem Mitarbeiter vorgeworfen, sich "von 07.27 bis 07.36 Uhr unterhalten" zu haben. Stefanie Nutzenberger, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Verdi, sagte, das System Amazon bestehe auch hierzulande aus "Arbeitshetze und Druck". Davon zeugten extrem hohe Krankenquoten von 20 Prozent und mehr.
Nach Aussagen von Mitarbeitern in den USA handelt es sich bei den Schikanen nicht um Auswüchse, vielmehr soll Firmengründer Jeff Bezos den rüden Umgang persönlich angeordnet haben. Er wird mit den Worten zitiert, zu viel Harmonie im Betrieb schade dem wirtschaftlichen Erfolg, weil selbst offensichtliche Fehlentscheidungen aus falsch verstandener Rücksichtnahme nicht beanstandet würden.
Wie aktuelle und ehemalige Angestellte des US-Konzerns berichten, gilt das zudem nicht nur für die Beschäftigten in den Versandzentren, aus denen in der Vergangenheit immer wieder schwere Missstände berichtet wurden, sondern auch für Verwaltungskräfte. Alle gut 180 000 Mitarbeiter würden überwacht, rund um die Uhr mit Arbeit überhäuft und zudem dazu angehalten, sich bei vermeintlichen Fehlleistungen gegenseitig anzuschwärzen. Manche Mitarbeiter bezahlten Dienstreisen selbst, weil sie sich nicht trauten, sie abzurechnen. Wer gesundheitliche Probleme habe, dem drohe der Rauswurf. Dies sei etwa Beschäftigten passiert, die von einem Krebsleiden erfahren oder eine Fehlgeburt erlitten hätten.
(…) Amazon-Chef Bezos, der einer der fünf reichsten Menschen der Welt sein soll, wies den Times-Bericht in einer E-Mail an die Beschäftigten zurück. Das sei "nicht das Amazon, das ich kenne", schrieb er. Er rief die Mitarbeiter auf, Fälle von Schikane Vorgesetzten oder ihm selbst zu melden“.
WiWo, 17.08.2015 (Zugriff: 18.08.2015)
"Bei den großen US-Konzernen geht es um den Spirit - Leidenschaft statt Lebenslauf. (…) und wer bei Amazon anheuern will, muss sich voll und ganz in den Dienst des Kunden stellen. Daraus macht Amazon auch kein Geheimnis. Auf der hauseigenen Karriereseite steht der Punkt „Customer Obsession“ ganz oben. „Du passt hier rein oder eben nicht“, sagt Amazon-Managerin Nimisha Saboo in einem Video. „Du liebst es oder eben nicht. Es gibt keinen Mittelweg.“
Mehr als 160.000 Menschen weltweit haben sich für die Liebe entschieden und arbeiten bei Amazon, jährlich kommen mehrere tausend hinzu. Laut einem aktuellen Bericht der New York Times gibt es allerdings auch viele Manager, die die Arbeit bei Amazon ganz und gar nicht lieben. Ex-Mitarbeiter wettern in der renommierten Zeitung gegen den Warenhaus-Giganten und die Methoden, mit denen die Angestellten zu Höchstleistungen getrieben werden sollen, um den Kunden zufrieden zu stellen. Erst wenn König Kunde zufrieden ist, kommen die Bedürfnisse der Mitarbeiter.
(…) In den USA hatten sich Mitarbeiter darüber beschwert, dass sie im heißen Sommer in unklimatisierten Lagerhallen schuften mussten. Nach US-Medienberichten erlitten mehrere Beschäftigte Schwächeanfälle. Amazon reagierte und rüstete Klimaanlagen nach.
Das ist bei anderen Internet-Giganten wie Google oder Facebook nicht anders, jedoch setzt Bezos laut der Times auf mittelalterliche Arbeitsbedingungen, um dieses Ziel zu erreichen. Die Kernvorwürfe, die die Times in dem Artikel nach Interviews mit „mehr als 100 derzeitigen und ehemaligen“ Amazon-Angestellten erhebt:
• Mitarbeiter spionieren sich gegenseitig aus
• Angestellte sollen ihre Kollegen bei den Vorgesetzten anschwärzen, wenn sie Fehler machen, Mobbing sei an der Tagesordnung
• der Job als Amazon-Manager erfordere 85-Stunden-Wochen
• endlose Konferenzen und Mails am Wochenende und um Mitternacht raubten den letzten Rest an Freizeit.
Dass die Arbeit in den Amazon-Logistikzentren kein Zuckerschlecken ist; dass die Angestellten dort angetrieben, kontrolliert und überwacht werden, ist bekannt. In Deutschland etwa prangert die Gewerkschaft Verdi eine hohe Krankenquote von 20 bis 30 Prozent an – ausgelöst durch „lange Laufwege, extrem hohes Arbeitspensum“ und „ständige Kontrolle und Vergleichbarkeit“. Dass Amazon aber auch die Angestellten in der Firmenzentrale massiv unter Druck setzt, sorgt für neuen Wirbel.
„Bist Du nicht fähig, 80 Stunden pro Woche absolut alles zu geben, dann sehen sie das als große Schwäche", zitiert die Times etwa Molly Jay, einst mitverantwortlich für Amazon-Ebook-Kosmos Kindle. Krankheiten wie Krebs gelten als persönliche Schwierigkeit im Privatleben und seien kein Grund, einen Gang runterzuschalten.Wer die Anforderungen nicht erfülle, dem werde die Kündigung nahe gelegt, heißt es in dem Bericht. "Fast jede Person, mit der ich zusammengearbeitet habe, hab ich am Schreibtisch weinen gesehen“, sagt Bo Olson, einst verantwortlich für das Bücher-Marketing.
Nick Ciubotariu arbeitet seit März 2014 bei Amazon als technischer Leiter und ist stolz auf seine Arbeit und die seiner Kollegen. Ihm stößt der Artikel der Times mehr als sauer auf und er wirft den Autoren vor, gezielt Anekdoten von ehemaligen Angestellten ausgewählt zu haben, um Vorurteile zu untermauen. Trotzdem schlägt dem Konzern seit der Times-Veröffentlichung weltweit Kritik entgegen. Die ist so groß, dass sich Bezos selbst zu einer Stellungnahme gezwungen sah. „Der Artikel beschreibt nicht das Amazon, das ich kenne, oder die Amazionians, mit denen ich jeden Tag arbeite“, schreibt er in einem Memo an die Angestellten – und startet gleich eine Gegenoffensive. „Aber wenn ihr von irgendeiner Geschichte wie den berichteten wisst, möchte ich, dass ihr sie an die Personalabteilung meldet. Ihr könnt mich auch direkt anschreiben unter [email protected].”
Es dürfe keine Toleranz gegenüber einem solchen Mangel an Empathie geben. „Ich glaube fest daran, dass jeder, der in einem Unternehmen arbeitet, wie es die New York Times beschreibt, verrückt wäre zu bleiben“, schreibt Bezos an seine Mitarbeiter. „Ich weiß, dass ich eine solche Firma verlassen würde.“ ´
(…) So schreibt ein Nutzer bei der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu: „Nach mehreren Arbeitgebern und 20 Jahren Berufserfahrung, kann ich nur sagen: Ich kenne keinen anderen Arbeitgeber, der so mitarbeiterorientiert ist wie Amazon. Die Arbeitsweise unterliegt klaren Regeln, damit muss man leben können oder nicht. Wer das kann, der ist bei Amazon sehr gut aufgehoben.“"
ZDF Zoom, 17.6.2015 (Film und Text) (Zugriff: 19.06.2015)
„Heute wird etwa ein Viertel des gesamten deutschen Onlinehandels von Amazon organisiert. Auch kaum ein Verkäufer kommt am US-Konzern vorbei. Der Grund: Amazon fährt eine Niedrigpreisstrategie, ist Preisbrecher für den Verbraucher. Doch was die Kunden freut, ist für Verkäufer bitter.
Für sie bleibt kaum noch etwas übrig. „Handel über Amazon ist Cyberkrieg, in dem nur die Großen überleben“, klagen sie.
2014 hat der US-Konzern in Deutschland einen Umsatz von 11,9 Milliarden Dollar erzielt – 1,5 Milliarden mehr als im Vorjahr. Und praktisch jeder kann über die Amazon-Plattform verkaufen: Anmelden, Ware einstellen, fertig – so verspricht es der US-Konzern. Genial einfach – und genial durchdacht. Und auch Amazon hat viel davon, wenn Händler auf dem so genannten "Marketplace" anbieten: Kundendaten, Gratis-Marktforschung, Zugriff auf Waren aller Art.
ZDFzoom-Autor Christian Bock trifft Händler, die sich von Amazon im Stich gelassen fühlen. Etwa, weil der Konzern mit Sperrung droht, wenn der Händler nicht spurt. Oder weil Händler, die ihre Ware allzu billig einstellen, regelmäßig von der Konkurrenz oder sogar von Amazon selbst unterboten werden – Preisroboter, so genannte "Repricer", lassen gerade Anfängern oder kleinen Shops kaum eine Chance“.
Börsenblatt 21/2015, S. 13 (Zugriff: 10.06.2015)
Laut Börsenblatt hat Amazon Im Onlinebuchhandel ein Monopol. Von 2,45 Milliarden Euro entfielen 90 % auf den Onlinebuchhändler (2014).
FR, 10.06.2015, 71. Jg., S. 31 (Zugriff: 10.06.2015)
Laut Zahlen des Börsenvereins liefern deutsche Verlage und Zwischenhändler aktuell „rund 40 Prozent ihres Amazon-Vertriebsanteils“ an neue Amazon-Warenlager in Polen. Amazon baue derzeit weitere Warenlager in Tschechien. Der Börsenverein vermutet, dass Amazon mit den neuen Warenlagern in Polen und Tschechien Lohnkosten sparen möchte. Die Kosten die durch die Ein- und Ausfuhr der Bücher entstünden, würden laut Börsenverein an die Verlage weitergegeben.
Börsenblatt 23/2015, S. 35 (Zugriff: 03.06.2015)
In Polen und Tschechien baut Amazon laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels Versandzentren für den Vertrieb nach Deutschland. Vermutlich, um der Auseinandersetzung um seine Löhne, die Eingruppierung seiner Mitarbeiter und den Aktionen der deutschen Gewerkschaften zu entkommen.
Deutsche Verlage und Zwischenbuchhändler befürchten, dass sie kostenfrei an die ausländischen Logistikzentren liefern sollen.
FR online, 15.05.15 (Zugriff: 18.05.2015)
"Amazon vermarktet weitestgehend rechtlose Web-Arbeiter als Computerprogramm. Doch die Unsichtbaren beginnen, sich zu wehren: (…)
Kristy Milland aus Toronto hat vor einigen Monaten eine E-Mail an Amazon-Chef Jeff Bezos geschickt. „Ich bin ein Mensch, kein Algorithmus,“ hat sie dem Milliardär geschrieben. „Wir sind atmende Lebewesen, die ihre Familien ernähren.“ (…)
Milland, 36 Jahre alt, wird von Amazon nämlich als Computerprogramm vermarktet. Als „künstliche künstliche Intelligenz“. So nennt Amazon die Dienstleistung, die mehr als 500 000 Arbeiter wie Milland auf der Plattform Amazon Mechanical Turk erbringen. Turker nennen sie sich selbst. Sie erledigen dort Mikro-Aufträge, für die es zu aufwendig wäre, ein Programm zu programmieren.
Die Kanadierin war eine der ersten, die auf Amazons Plattform arbeitete. Sie begann im November 2005, zunächst in Teilzeit. Als ihr Mann 2010 seinen Job verlor, begann sie Vollzeit zu arbeiten, bis zu 17 Stunden am Tag. Inzwischen hat Milland 834 186 Aufträge auf der Plattform erledigt. Für einen hat sie im Durchschnitt 19 Cent bekommen.
Milland hat viel darüber nachgedacht, wieso Amazon es vorzieht, sie als Programm anzubieten. „Es hat mit Psychologie zu tun,“ sagt sie. „Wenn die Auftraggeber das Gefühl haben, es mit einem Computerprogramm zu tun zu haben, müssen sie sich keine Gedanken darüber machen, ob ein Mensch davon leben kann, wenn er für zwei Cent eine Aufgabe erfüllt. Es macht die Ausbeutung leichter.“
Milland hat beschlossen, darum zu kämpfen, dass sich das ändert. (…) Sie hat begonnen, die Turker zu organisieren.
Die digitale Arbeiterbewegung, nennt es Milland. Es ist eine, sagt sie, die neue Mittel finden muss, um ihre Forderungen durchzusetzen. „Ein Streik ist schwierig, wenn man niemals sehen kann, ob die anderen Turker auch streiken – und die Personen aus über hundert verschiedenen Ländern kommen“, sagt Milland. Arbeitsverträge bestehen auf der Plattform nur für Minuten, solange es dauert, die Aufträge zu bearbeiten. Und Amazon behält sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, das Konto eines Turkers jederzeit ohne Begründung zu kündigen. Kurzum: Amazons Mechanical Turk ist so gestaltet, als hätte der Konzern eine Blaupause zur Verhinderung der Durchsetzung von Arbeitsrechten umgesetzt.
Die Turker haben dennoch Wege gefunden, sich abzusprechen. Sie treffen sich in Online-Foren. (…)
Turkopticon ist eine Erweiterung für den Browser, mit der Auftraggeber bewertet und so dubiose Angebote gemieden werden können. So überziehen die Turker Amazons Plattform mit ihrem eigenen Netz.
Six Silberman, 29 Jahre alt, Doktorand der Informatik an der University of California, hat das digitale Werkzeug vor sechs Jahren programmiert. Inzwischen hat allein die Erweiterung für den Chrome-Browser knapp 30 000 Nutzer. „So war das eigentlich nie geplant“, sagt Silberman, der ab Juli bei der IG Metall die Crowdworker unterstützen soll. Das Programm sollte Amazon nur auf die Probleme der Turker hinweisen, sagt Silberman. Er dachte, Amazon würde selbst ein Bewertungssystem integrieren, wenn der Bedarf offensichtlich würde. Doch nachdem Silberman das Plug-in veröffentlichte und es immer mehr Turker nutzen, reagierte Amazon einfach gar nicht. Seitdem hält Silberman Turkopticon mit einigen Freiwilligen notdürftig am Laufen. (…)
(…) Wenn ein Auftraggeber sich nicht korrekt verhält, haben die Turker nun ein Mittel, um Druck zu machen. „Wenn Auftraggeber schlechte Bewertungen bei Turkopticon bekommen, merken sie das“, sagt Milland. Die Profi-Turker, die nach Millands Erfahrungen rund 80 Prozent der Arbeit erledigen, meiden den Auftraggeber dann. Die zehn- oder sogar hunderttausende Mini-Aufgaben werden dann nur langsam abgearbeitet – insbesondere solche, für die nur besonders qualifizierte Turker zugelassen sind. „Ein Streik im Kleinformat“, sagt Milland. „Die Auftraggeber korrigieren dann meist ihr Verhalten.“
Bis vor einem Jahr blieben diese Auseinandersetzungen weitestgehend unter der Oberfläche der Plattform verborgen. Doch im Dezember begannen die Turker erstmals, Amazon auch in der Öffentlichkeit unter Druck zu setzen.
Millands Brief an Bezos war Teil der ersten öffentlichen Kampagnen der Turker. Dutzende Turker schickten dem Amazon-Boss Mails, in denen sie aus ihrem Leben erzählten. Es sollte zeigen, dass sie Menschen sind. (…)
Das Ziel der Kampagne: Amazon dazu zu bringen, mit der Qualität der Turker zu werben, anstatt sie zu verstecken, um die Plattform als spottbillige Auftragserledigungsmaschine zu positionieren. „Wir haben begonnen, unser Gesicht zu zeigen“, sagt Milland.
Amazon-Chef Bezos hat auf keine der Mails geantwortet. Doch Milland sagt: „Ich bin sicher, dass er angefressen ist.“ Den Turkern gelang es nämlich, durch die vorweihnachtlichen Briefe ihre Forderungen in die US-Medien zu bringen. (…)
Besonders eine der ältesten Aktionsformen der Arbeiterbewegung lässt Milland nicht mehr los: Streikposten. Mit ihnen will sie die Amazon-Zentrale lahmlegen. Die Turker müssten dabei auch nicht die Sperrung ihrer Konten fürchten. Milland sagt: „Die Ironie wäre, dass Amazon keine Ahnung hätte, wer wir sind.“ Der Konzern interessiert sich ja nicht für die Identität der Turker“.
Spiegel.de, 15.05.15 (Zugriff: 18.05.2015)
„(…) Der Onlinehändler Amazon legt sich erneut mit der deutschen Verlagswelt an. Nach SPIEGEL-Informationen hat die Amazon-Tochter Audible, die den Markt für digitale Hörbücher beherrscht, mehreren kleinen Hörbuch-Verlagen gekündigt und ihnen neue Konditionen vorgelegt.
Kern der neuen Verträge ist die Zustimmung zu einem digitalen Flatrate-Modell, gegen das sich die Verlage wehren. Wer nicht zustimme, dem drohe die Auslistung seiner Titel bei Audible, heißt es in den betroffenen Verlagen. Dem Frankfurter Unternehmen Bookwire, das Hörbücher für kleinere Verlage vertreibt, hat Audible keinen neuen Vertrag angeboten, der Zwischenhändler musste kürzlich seine Verlagspartner informieren, dass Audible die Zusammenarbeit beendet hat. Audible hat einen Anteil von geschätzten 90 Prozent auf dem Markt für Hörbuch-Downloads.
Mehrere Verlage erwägen deshalb eine Beschwerde beim Bundeskartellamt, auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels prüft das Vorgehen von Audible juristisch und würde eine Beschwerde der Hörbuch-Verlage unterstützen: "Wenn Audible kleinen Hörbuch-Verlagen damit droht, ihre Titel auszulisten, ist das angesichts seiner Marktmacht aus meiner Sicht rechtlich sehr fragwürdig", sagte Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis dem SPIEGEL.
Der Börsenverein hatte schon im Streit um die Konditionen für E-Books im vergangenen Jahr Beschwerde gegen Amazon beim Bundeskartellamt eingereicht, die EU-Kommission ermittelt derzeit in der Sache. (…)“
heise.de, ct 10/15, S. 62 (17.04.15) (Zugriff: 20.04.2015)
Ein Testkauf durch das c´t Magazin ergab, dass bei Amazon nachgebaute Samsung-Akkus als Originalware verkauft werden. Vier von zwölf Akkus wurden direkt bei Amazon („Verkauf und Versand durch Amazon“) bestellt. Die restlichen Akkus wurden „über Amazon.de bei kleinen Händlern [bestellt]. Einige davon werden ebenfalls aus Amazons Lagerhallen verschickt („Verkauf durch xy, Versand durch Amazon“). (…)
[Mit der Prüfung der erhaltenen Akkus wird Samsung beauftragt.] Die Experten des Herstellers können uns mit Sicherheit sagen, was wir geliefert bekommen haben. Nach einigen Tagen erhalten wir die Akkus zurück, zusammen mit dem Prüfungsergebnis: Alle zwölf sind gefälscht, sagt Samsung.
Das Ergebnis überrascht uns aus zwei Gründen: Erstens haben wir nicht nur billige Akkus für 8 bis 10 Euro pro Stück bestellt, sondern auch einige für 15 bis 18 Euro. Zweitens waren wir davon ausgegangen, dass Amazon zumindest seine eigene Ware von seriösen Lieferanten bezieht und auf Fälschungen prüft.
Doch wenn vier von vier der direkt bei Amazon gekauften Akkus gefälscht sind, heißt das: Amazon kontrolliert offenbar nur nachlässig, wenn überhaupt.
Wir fragen bei Amazon nach: Was passiert nun mit der als gefälscht identifizierten Ware? Und wie schützt Amazon seine Kunden generell vor Fälschungen? Amazon antwortet ausweichend: Man werde alle genannten Produkte prüfen und sicherstellen, „dass die Angebote für die jeweiligen Produkte geltendem Recht genügen“. Anschließend verteuert sich einer der vier beanstandeten Akkus von 15 auf 40 Euro – vielleicht hat Amazon den Lieferanten gewechselt. Die Preise der anderen drei Akkus ändern sich nur um maximal einen Euro. (…)“.
faz.de, 23.2.2015 (Zugriff: 27.02.2015)
Die FAZ berichtet über einen Blogeintrag eines kleinen berliner Verlags. Dieser teilt nicht die brancheninterne Sichtweise auf Amazon:
„(…)„Amazon ist böse, 'der kleine Buchladen um die Ecke‘ hingegen ein Segen. Wirklich? Wir haben mit unseren Büchern andere Erfahrungen gemacht“, heißt es in einem Blogeintrag von Manuela Thieme und Chris Deutschländer, den Geschäftsführern des Seitenstraßen Verlags, der derzeit für Aufruhr gesorgt.
11 Titel aus dem Bereich Satire und Alltagskomik hat der Verlag im Angebot, (…). Mehr als 120.000 Mal wurden die Bücher verkauft – „ohne Amazon wären es bei weitem nicht so viele gewesen“, sagt Geschäftsführer Deutschländer. Denn Amazon biete Verlagen die Möglichkeit der Präsenz: „Amazon hat all unsere Bücher im Angebot und bestellt auf Lager, damit sie jederzeit lieferbar sind.“ Mit kleineren Buchhändlern hat er andere Erfahrungen gemacht.
Die würden in der Regel auf Nummer sicher gehen, sagt Deutschländer. Angebote aus kleinen Verlagen hätten sie oft nicht vorrätig, sondern orderten sie nur, wenn ein Kunde sie im Geschäft bestelle. „Die Sichtbarkeit im Laden ist für uns jedoch sehr wichtig, um überhaupt wahrgenommen zu werden“, sagt Deutschländer. Amazon kassiere für jedes verkaufte Buch 50 Prozent des Preises: Da die Bücher des Seitenstraßen-Verlags meist 9,90 Euro kosteten, blieben 4,95 Euro für Autor, Verlag, Marketing, Versand und Druck. Auch die großen Zwischenhändler des stationären Buchhandels wie KNV, Libri und Umbreit kassierten 50 Prozent, so Deutschländer. Davon behielten sie selbst 15 Prozent, 35 Prozent gingen an den Buchhändler. „Wofür?“, fragen die beiden Autoren in ihrem Blog. „Sie tun oft nichts für das Buch bis auf den einen Anruf oder die eine Mail, um zu hinterlassen: Hier hat ein Leser verbindlich bestellt.“
(…) natürlich könne nicht jeder Buchhändler immer alle Bücher vorrätig haben. „Was mich ärgert ist: Selbst Buchhändler, die wissen, dass sich unsere Titel bei ihnen gut verkaufen, nehmen sie nicht.“ Natürlich sei auch Amazon kein Wohltäter. Aber wem er nun 50 Prozent vom Verkaufspreis zahle, sei ihm dann auch egal.
Die Autoren schildern auch einige Alltagserfahrungen: So hatte eine Buchhandlung in Thüringen einen der Autoren zu Gast. Zehn Exemplare des Buches bestellte sie vor, sie seien rasant weggegangen. Nachschub wollte sie jedoch nicht bestellen. (…)
Mit solchen Vorwürfen und ihrem Blogbeitrag haben die beiden Autoren viele kleine Händler gegen sich aufgebracht. Einige hätten bereits zum Boykott des Seitenstraßen Verlags aufgerufen, sagt Deutschländer. „Dann müssen wir unsere Bücher eben künftig nur noch über Amazon verkaufen. Das ist auch nicht perfekt, aber wir würden es überleben.““.
Publik-Forum, 14/2014 (Zugriff: 28.07.2014)
„Im Machtkampf mit den Verlagen wählt Amazon harte Attacken: Lieferfristen werden willkürlich verlängert, bestimmte Bücher gar nicht erst angeboten, Preise erhöht. Um bessere Konditionen zu erzwingen, boykottiert der Online-Händler aus den USA die Vorbestellung von Büchern der beiden großen Verlagsgruppen Bonnier und Hachette. Amazon kann sich das herausnehmen, weil seine Marktmacht im weltweiten Buchhandel bei einem Drittel, in Deutschland sogar bei Dreiviertel und im E-Book-Handel bei fünfzig bis sechzig Prozent liegt.
»Das ist mit Sicherheit ein Vorgang, der an Erpressung grenzt«, sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Auf dem Buchmarkt ist von »Totalitarismus« die Rede, gar von Krieg. Amazon will einerseits seinen Buchhandelsrabatt deutlich erhöhen und andererseits ein Monopol als Internethändler etablieren. Dazu hat er das Buch als wirksame Waffe entdeckt. Bei Kritik an seinem Vorgehen erklärt Amazon, man müsse sich eben gedulden bis zur nächsten Lieferung einer Verlagsgruppe. Oder das Buch als E-Book für das Amazon-Lesegerät Kindle kaufen – oder einfach »zur Konkurrenz gehen«. Im Kampf um die Weltherrschaft des Buchhandels nimmt man sogar eigene Verluste in Kauf. Im Moment geht es erst mal darum, bessere Konditionen bei Rabatten auf E-Books zu erzwingen. Dafür werden Bücher und Verlage als eine Art Geisel genommen. Statt bisher dreißig Prozent will Amazon künftig offenbar bis zu fünfzig Prozent Rabatt auf E-Books einfordern. Beim Verkauf der gedruckten Bücher behält der Online-Händler ohnehin schon oft fünfzig Prozent des Preises. Jeder Händler könne entscheiden, erklärt Amazon fast zynisch, ob er bestimmte Produkte in riesigen Stapeln ganz vorne im Laden verkaufen, im Lager lassen oder überhaupt nicht anbieten wolle. Der Umsatzanteil elektronischer Bücher am Publikums-Buchmarkt lag 2013 bei 2,4 Prozent. Buchmarktkenner mutmaßen hinter der Amazon-Strategie das Ziel, das E-Book-Geschäft der Buchverlage zu zerstören, um es allein zu betreiben. Mit den hohen Rabattforderungen wolle der Online-Konzern das Budget für Autorenhonorare bei den Verlagen einschmelzen und damit unattraktiv machen. Im Vergleich mit den Verlagen könnte Amazon dann selber höhere Tantiemen anbieten und die Autoren abwerben. Die Amazon-Strategie zielt letztlich darauf ab, nicht mehr nur Handel mit Büchern zu betreiben, sondern sich selbst als Verlag zu etablieren und andere Verlage aus dem Markt zu drängen
(…)
Um endlich die Hoheit über den Markt zu erobern, vertreibt der Riese aus den USA sogar etliche Bücher mit Verlust. Denn die Käufer müssen keine Versandkosten für die per Post gelieferten Bücher zahlen. Das Geld holt sich Amazon bei den Verlagen, die »Gebühren« oder hohe Rabatte in Kauf nehmen müssen, damit ihre Bücher überhaupt ins Sortiment aufgenommen werden. Wie ein Buch auf Amazons Plattformen präsentiert wird, hängt also nicht von der Nachfrage der Käufer ab, sondern von Gebühren und Buchhandelsrabatten, die die Verlage finanzieren.
… doch inzwischen macht man sich auch hierzulande in Politik, Verlagswesen und Verbraucherschutz Gedanken über die Monopolisierungstendenzen des Versandhändlers, der bereits jetzt einen Marktanteil von 75 Prozent des Buchhandels innehat. Zahlreiche Verlage, der Börsenverein des Buchhandels und auch gesetzgeberische Instanzen sind aktiv, um ein Fortschreiten der Monopolisierung zu verhindern. Die Europäische Union untersucht inzwischen auch die Steuerpraxis von Amazon. Nach Apple, Starbucks und Fiat Finance ist Amazon damit das vierte Unternehmen, das am Pranger der EU steht. Deren Wettbewerbskommission hat ein Auskunftsersuchen an Luxemburg gestellt und fragt, wo Amazon in Europa seinen Sitz hat. Ein solches Auskunftsersuchen ist der erste Schritt, um eine vollständige Untersuchung durchführen zu können. Konkret geht es darum, ob Amazons niedrige Steuern am Ort der Niederlassung von den Beihilfevorschriften der EU gedeckt werden. Und auch die Leser und Leserinnen müssen dem Treiben Amazons auf dem hart umkämpften Markt ihrer Bücher nicht untätig zuschauen. Sie können sich der Knebelstrategie verweigern, in dem sie auch im Internet beim örtlichen Buchhändler bestellen oder direkt bei den Verlagen (wie etwa bei Publik-Forum) oder bei den großen Buchhandelshäusern Weltbild, Hugendubel, Mayersche Buchhandlung, Osiandersche Buchhandlung oder Thalia“.
boersenblatt.net, 20.5.2014 (Zugriff: 27.05.2014)
Im Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen Amazon und dem Verlag Bonnier berichtet boersenblatt.net über eine Stellungnahme von der Facebook-Gruppe „Buchhandelstreff“:
„Tagelang haben die Mitglieder der Facebook-Gruppe "Buchhandelstreff" um die richtigen Worte gerungen: In ihrer Stellungnnahme zeigen sich die 820 Mitglieder der Gruppe solidarisch mit Bonnier und verurteilen das Verhalten Amazons. Sie rufen Buchkäufer auf, ein Zeichen zu setzen.
"Das Ausnutzen von Marktmacht, die bewusste Lieferverzögerung von Titeln ausgewählter Verlage, um Druck aufzubauen, um Konditionenforderungen durchsetzen zu können, ist nicht nur ein bedrohliches Zeichen für die Buchbranche, sondern auch ein klarer Affront gegenüber dem Buchleser und -käufer.
Gerade die schnelle Beschaffung des Kulturguts Buch ist die Grundaufgabe des Buchhandels. Wer diese torpediert, um geschäftliche Vorteile zu erzwingen, macht deutlich, wie er mit wachsender Marktmacht umzugehen gedenkt. (…)“.
berliner-zeitung.de, 26.5.2014 (Zugriff: 27.05.2014)
„(…) Wenn Amazon ein Buch als nicht verfügbar anzeigt oder vor einer langen Lieferzeit warnt, muss es keineswegs heißen, dass es tatsächlich nicht in den Lagern des Online-Konzerns vorrätig ist. Es kann auch schlichtweg bedeuten, dass Amazon einen Verlag seine Marktmacht spüren lassen will. Amazon setzt diese derzeit ein, um Buchverleger in Europa und den USA gefügig zu machen, die sich weigern, die neuen Bedingungen zu akzeptieren, die Amazon ihnen diktieren will.
Besonders im Visier ist der US-Ableger der französische Verlagsgruppe Hachette. Um die Kunden vom Kauf der Hachette-Bücher abzuhalten, hatte Amazon zunächst die Lieferfristen verlängert und den Preis einiger Bücher der Verlagsgruppe verteuert. Letzte Woche entfernte Amazon dann bei zahlreichen Titeln des Verlages des Möglichkeit zur Vorbestellung. Der neue Roman von Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling (…) ist ebenso wenig verfügbar wie die Paperback-Ausgabe des Amazon-kritischen Buches „The Everything Store“.
In Europa wendet Amazon ähnliche Taktiken an. Hier steht die schwedische Bonnier-Verlagsgruppe im Mittelpunkt der Auseinandersetzung, zu dem unter anderem die deutschen Verlage Ullstein, Piper und Carlsen gehören. „Wir beobachten, dass sich bei zahlreichen bekannten Backlist-Titeln die Lieferzeit verzögert hat, obwohl wir pünktlich liefern“, sagt Ullstein-Geschäftsführer Alexander Lorbeer der Berliner Zeitung. (…) Amazon habe gegenüber Bonnier ganz offen bestätigt, dass der Grund für die Verzögerung die Verhandlungen mit der Verlagsgruppe sei. Auf Anfrage äußerte sich Amazon nicht zu den Vorgängen.
(...) Bei den Verhandlungen geht es vor allem um die E-Book-Konditionen. Bislang bekam Amazon rund 30 Prozent des Verkauferlöses. 70 Prozent gingen dagegen an die Verlage. Doch das ist dem US-Konzern nicht mehr genug. Nun soll Amazon dagegen 50 Prozent einstreichen wollen.
Die Leidtragenden der Druck-Strategie von Amazon seien die Autoren, sagt Literaturagent Peter Fritz der Berliner Zeitung. (…) Die Autoren berichten teils von dramatischen Umsatzeinbußen .„Amazon straft sie durch die brutale Erpressung ab,“ sagt Fritz. (…) Für die Autoren würden die neuen Amazon-Bedingungen eine Kürzung von 28 Prozent bedeuten, sagt Fritz. Deshalb gebe es einen Solidarisierungseffekt mit den Verlagen.
Alexander Skipis, der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, sagte der Berliner Zeitung, die Kartellrechtsanwälte des Verbandes prüften derzeit die Möglichkeit einer Beschwerde. (…)
Zwar soll Amazon mit einem Buch-Umsatz von 1,6 Milliarden Euro nur einen Marktanteil von knapp einem Fünftel des Buchhandels haben und liegt damit unter der Schwelle von einem Drittel, die dem Gesetz nach auf eine marktbeherrschende Stellung hindeutet. Doch im Online-Buchhandel soll Amazon nach Schätzungen des Bundesverbandes der Versandbuchhändler rund zwei Drittel des Marktes kontrollieren. (…) „Auf dem E-Book-Markt hat Amazon ohnehin eine monopolartige Stellung.“
Hinter Amazons neuer Gangart steht der Druck der Anleger, die höhere Gewinne erwarten. (…)“.
Stern, 12.12.2013, S. 46 (Zugriff: 13.12.2013)
"Der Erfolg von Amazon Prime – Lieferung in einem Tag – führt dazu, dass Kunden für jede Kleinigkeit auf den Bestellknopf klicken. Also müssen mehr und mehr Pakete gepackt werden".
Wirtschaftsreporter Brad Stone spricht im stern-Interview über das Prinzip Amazon, den weihnachtlichen Ausnahmezustand und die Rücksichtslosigkeit des Chefs Jeff Bezos.
welt.de, 24.11.2013 (Zugriff: 28.11.2013)
„(…) Doch wie behandelt Amazon seine Mitarbeiter wirklich? Das ist eine Frage, die selbst Gewerkschafter nicht in einem Satz beantworten können.
Im Ver.di-Büro Bad Hersfeld sitzen im Oktober fünf fest angestellte Amazon-Mitarbeiter und der Betriebsratsvorsitzende des Lagers "FRA 1", benannt nach dem nächstgelegenen Flughafen Frankfurt/Main. (…)
Alle außer dem Betriebsratsvorsitzenden Lothar Bruns wollen ihre Namen lieber nicht veröffentlicht sehen. Wie es denn sei, bei Amazon zu arbeiten? "Das kann man so pauschal nicht sagen, das erlebt jeder anders", sagt Christian Z. Silke R. berichtet, dass Amazon ein guter Arbeitgeber sei, die Kollegen nett. Sie wünsche sich aber die Sicherheit eines Tarifvertrags.
Je länger die Amazon-Angestellten sprechen, desto mehr Unzufriedenheit klingt durch. Nicht mit der Arbeitssicherheit oder dem Lohn. Mit 1900 Euro brutto im Monat sind die Angestellten zufrieden. Stattdessen berichten sie von einem System mit Leistungsdruck, starren Vorgaben und als Schikanen empfundenen Äußerungen mancher Führungskräfte. Es passiere immer wieder, dass man auch wegen kleiner Regelverstöße eine Abmahnung erhalte.
Bei der Arbeit im Lager wird kein Detail dem Zufall oder dem Willen des Arbeitnehmers überlassen. "Die ganze Firma besteht aus Regeln, jeder Arbeitsschritt ist genormt. Ob die Vorgaben Sinn machen, ist egal", sagt Markus L. Überall im Lager prangen Befehle. "Handlauf benutzen" lautet der erste davon, auf einem Plastikschild im Treppenhaus.(…)
Aus Sicht von Amazon ist diese Gängelung notwendig, Standardisierung ist das Erfolgsgeheimnis des Unternehmens. "Sie ist die Basis unseres Wachstums", sagt Amazon-Manager Carsten Müller. (…)
Amazons globaler Logistik-Vorstand, Dave Clark, verteidigt das Zahlensystem: "Wie viele Firmen haben wir Erwartungen an unsere Angestellten – Vorgaben für Produktivität gibt es nicht nur bei Amazon", sagt er. "Wir achten sehr genau darauf, diese Zahlenvorgaben an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen, und Einzelne nicht zu überfordern. Manche mögen das als sehr enge Kontrolle empfinden – doch de facto arbeiten wir sehr langfristig und vorhersehbar." (…)
Nach den Angriffen der vergangenen Jahre hat Amazon der Gewerkschaft zunehmend den Wind aus den Segeln genommen: Das Unternehmen bemüht sich, keine Leiharbeiter mehr zu engagieren und hat sich zum Ziel gesetzt, deutschlandweit 80 Prozent der Mitarbeiter fest anzustellen.
Amazon will mindestens 9,55 Euro pro Stunde zahlen – und jetzt gibt es auch noch Weihnachtsgeld. Zu Halloween spendierte Amazon in Bad Hersfeld Punsch für alle, Kaffee und Tee sind in den Lagern neuerdings umsonst. "Die geben sich schon Mühe", bestätigt Betriebsrat Bruns.
Allerdings anders, als sich das die Gewerkschaft vorstellt. Das Unternehmen will, dass sich die Mitarbeiter wie Anteilseigner verhalten. Deswegen gibt es selbst für die einfachen Arbeiter einen Bonus (…)“.
FAZ, 16.10.2013 (Zugriff: 17.10.2013)
"Stone nennt Bezos einen grausamen Lohnherrn, der in seinen eigenen Reihen eine verrohte Gladiatorenkultur herangezogen hat. „Wenn du nicht gut bist, frisst Jeff dich und spuckt dich aus“, zitiert er einen Amazon-Manager. „Und wenn du gut bist, dann springt er dir auf den Rücken und reitet dich zuschanden.“ Amazon ist eine Verschleißmaschine. Mitarbeiter werden durch das Unternehmen geschleust, bis sie es ausgebrannt verlassen, im Gefühl, einer Sekte entkommen zu sein.
Zum Strafkatalog gehört ein Punktesystem. Bei sechs Punkten folgt die Entlassung, schon eine Krankmeldung kostet einen Punkt. Statt Klimaanlagen leistete sich Amazon in früheren Zeiten lieber einen privaten Rettungsdienst, um an der Hitze kollabierte Arbeiter abzutransportieren. Was treibt schlechtbezahlte und meist befristet angestellte Lohnarbeiter durch dieses Tal der Tränen? Bei aller Tristesse vermittelt Bezos ihnen offenbar ein Gefühl von Fortschritt und produktiver Lebenszeit".
auf der Basis des Buches von Brad Stone: Jeff Benzos und das Imperium Amazon. Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2013
FAZ. 16.10.2013, S. 26 (Zugriff: 17.10.2013)
"Bezos gab früh zu erkennen, dass ihn die Konventionen des Einzelhandels nicht kümmern. Regeln interessieren ihn nur, solange er nicht die Macht hat, sie zu brechen. Konkurrenten treibt er in einen gnadenlosen Preiskrieg, Zulieferern zwingt er Rabatte auf. Bei Gegenwehr verbannt er die Produkte von der Seite und bewirbt den Branchengegner bis zur reumütigen Rückkehr des Dissidenten".
auf der Basis des Buches von Brad Stone: Jeff Benzos und das Imperium Amazon. Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2013
FAZ, 16.10.2013, S. 26 (Zugriff: 17.10.2013)
Der Gründer und Besitzer von Amazon, Jeff "Bezos legte sein Unternehmen nie auf kurzfristige Gewinne an und ließ sich vom Dot.com-Hype nicht verrückt machen. Weil alles Einnahmen sofort reinvestiert werden, sind die Gewinnmargen bescheiden. Dahinter steht die Idee, dass Handlungsmacht durch schiere Größe wächst. Diesen Vorteil spielt Amazon heute gnadenlos aus.
Es gibt Amazon-Manager, die aus ihrer Lust an der Erpressung keinen Hehl machen".
auf der Basis des Buches von Brad Stone: Jeff Benzos und das Imperium Amazon. Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2013
tagesspiegel.de, 13.07.2013 (Zugriff: 16.07.2013)
"(...) Der Internet-Versandhändler Amazon hat im Jahr 2012 einen Großteil des Umsatzes mit deutschen Kunden über Luxemburger Gesellschaften abgewickelt und in Deutschland kaum Steuern gezahlt. Die Amazon.de GmbH wies einen Gewinn vor Steuern von 10,2 Millionen Euro aus und zahlte 3,2 Millionen Euro Steuern, wie aus der im Bundesanzeiger veröffentlichen Bilanz hervorgeht.
(...) Umsätze mit deutschen Kunden in Höhe von 8,7 Milliarden Dollar (6,7 Milliarden Euro) wurden über Luxemburger Gesellschaften abgewickelt.
(...) Amazon lehnte eine Stellungnahme ab. In der Vergangenheit hatte der Konzern erklärt, er richte sich nach den örtlichen Steuergesetzen (...)".
FR, 23.05.2013, Seite 14 (Zugriff: 04.06.2013)
"Amazon verliert Ansehen bei Verbrauchern
(...) In der Kundenzurfriedenheit rutschte der Marktführer zwischen Januar und März um 22 Prozent ab, wie eine Umfrage des TÜV-Saar und der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes ergab. Amazon erreichte vor Bekanntwerden des Skandals bei der Kundenzufriedenheit eine Note von 1,61 und belegte damit den ersten Platz unter 19 Onlinehändlern. Die Note fiel dann auf 1,96 - das war nur noch Rang zwölf."
FAZ, 18.05.2013 (Zugriff: 29.05.2013)
„(…) So hat Bezos Amazon nicht nur zum Pionier und Effizienz-Weltmeister des Online-Handels gemacht. Er kennt seine Kunden viel besser als traditionelle Einzelhändler. Die könnten mit den neusten Trends in der Informationstechnologie rund um das Stichwort „Big Data“, also der Speicherung und Auswertung riesiger Datenmengen in Echtzeit, in mancher Hinsicht zwar bald nachziehen. Aber Bezos ist schon wieder einen Schritt weiter: Er vermietet die Kapazität seiner Rechenzentren an Dritte. Er verdient Geld, indem er seine in der digitalen Datenwolke „Cloud“ vorgehaltenen Programme vermarktet, die Kundendaten auswerten.
(…)
Das Unternehmen und alle seine nichtstrategischen Entscheidungen werden digital automatisiert. Damit werden Handelswelt und IT-Branche gleichermaßen auf den Kopf gestellt, sie geraten in den Zangengriff von Bezos und Amazon: Einzelhändler lebten in der Vergangenheit vor allem von hohen Margen. Amazon hingegen konkurriert allein auf der Basis des Volumens - mit besonders geringen Margen. Und das gilt sowohl für das klassische Handelsgeschäft von Amazon als auch für die Angebote, die Bezos mit seiner Sparte „Amazon Web Services“ (AWS) macht. Und genau hier ist schon die nächste schlechte Nachricht verborgen.
(…)
Aussagen und Analysen zu Amazon gibt es aus den Branchen übrigens viele - je näher man aber Ansprechpartnern kommt, die unmittelbar auf Amazon und seine Dienstleistungen angewiesen sind, desto weniger wollen sie über ihre Beziehungen sagen. An dieser Stelle zeigt sich, wie groß die Macht von Amazon schon ist. (…) Wo es um Daten geht, läuft alles gut, geht es um Menschen, sieht die Welt von Amazon oft anders aus. Sehr schlecht läuft zum Beispiel die Kommunikation mit dem Unternehmen, außer für die Kunden, für die sich die Lage viel besser darstellt. Das hört man von Verlagen ebenso wie von Beschäftigten von Amazon (…)
Wenn Amazon Sonntagsarbeit beantragt und die Behörde das genehmigen will, weiß sie nicht zwangsläufig, an wen sie sich bei Amazon wenden muss - und fragt auch mal bei der Gewerkschaft nach, wer denn der richtige Ansprechpartner sein könnte. Von Amazon heißt zu den Schwierigkeiten beschwichtigend, dass man „partnerschaftlich und direkt“ kommunizieren wolle. Aus diesem Grund arbeite man „eng“ mit den Arbeitnehmervertretungen - sei es in Form von Betriebsräten oder Mitarbeiterforen - in allen deutschen Logistikzentren zusammen. Man schätze die offene Gesprächskultur. „Ein direkter Austausch ist uns wichtig.“ Die Führungskräfte von Amazon wollten stets hören, wo Verbesserungen möglich sind. Als Erfolgsbeispiel werden dann Errungenschaften wie gestaffelte Pausenzeiten genannt, die es den Mitarbeitern ermöglichten, einen schnelleren Zugang zur Kantine zu haben. (…)“
Lesehinweis: Carsten Knop: Amazon kennt dich schon. Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt 2013, 175 Seiten
Text auch in FAZ, 18.05.2013, S. 13
FR, 10.5.2013. 69 Jg., Nr. 107, Seite 13 (Zugriff: 10.05.2013)
Die Frankfurter Rundschau berichtet über Informationen des Pressedienstes des Bundestages, wonach Amazon 2006 und 2009 vom Staat eine Wirtschaftsförderung mehrerer Millionen Euro erhalten habe.
„Der Versandhändler und Tochterfirmen bekamen allein aus Bundesmitteln rund 7,1 Millionen Euro zur „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (…). Die gleiche Summe müssen die Bundesländer beisteuern. Amazon ist verpflichtet, durch die Förderung geschaffene Jobs mindestens für fünf Jahre zu besetzen oder auf dem Arbeitsmarkt anzubieten".
SZ online, 08.05.2013 (Zugriff: 08.05.2013)
Ralf Kleber, Deutschland-Chef von Amazon, spricht, im Interview mit der Süddeutschen Zeitung, im Falle der Unterbringung von Leiharbeitern für das Logistikzentrum Bad Hersfeld von Mängeln.
""Da hätten wir genauer hinsehen müssen", sagte Kleber im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
(...) "Wir haben unsere Aufsichtspflicht in dem konkreten Fall in der Unterbringung am Seepark nicht ausreichend erfüllt", sagte Kleber.
Vorwürfe mehrerer Insider, in Logistikzentren sei es zu Gängelung und Einschüchterung gekommen, bezeichnete Kleber als Einzelfälle und sagte: "Aber wenn wir von Missständen erfahren, dann schaffen wir sie ab."
Die Diskussion nach der Reportage habe allerdings nicht dazu geführt, dass Amazon viele Kunden verloren habe, so der Deutschland-Geschäftsführer. Etliche Kunden, mit denen das Unternehmen ins Gespräch kam, hätten am Ende entschieden, weiter bei Amazon zu bleiben.
Einen Tarifvertrag lehnt Kleber ab: "Wir wehren uns dagegen, dass Verdi den Einzelhandelstarifvertrag bei uns fordert. Bei den Amazon-Versandzentren handelt es sich um Logistikunternehmen", so Kleber.
"Bei der Bezahlung liegen wir im Vergleich mit anderen Logistikern am oberen Ende. Das Einstiegsgehalt für einen Amazon-Mitarbeiter liegt bei 9,30 Euro in der Stunde und nach einem Jahr steigt der Lohn auf über zehn Euro - plus Boni und Aktien. Da werden überzogene Erwartungen geschürt." Die Gewerkschaft Verdi will das Unternehmen in die Tarifbindung bringen und hat Streiks angedroht (...)".
SPIEGEL Online, 18.03.2013 (Zugriff: 18.03.2013)
Der Streit um Leiharbeiter bei Amazon eskaliert. Der Online-Händler hat seinen Betriebsrat verklagt. Damit will das Unternehmen erreichen, 65 Arbeitskräfte weiterbeschäftigen zu können.
„Grund des Rechtsstreits: Die Leiharbeiter, die von der Firma Trenkwalder an Amazon vermittelt worden waren, hatten befristete Arbeitsverträge bis Ende Februar. Amazon wollte diese Verträge bis Ende März verlängern. Doch der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung.
Ein Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Fulda verlief am Montag ergebnislos. Mit der Klage erreicht Amazon ein wichtiges Ziel: Die 65 Leiharbeiter dürfen erst mal bei Amazon weiterarbeiten. Allein der Dringlichkeitsantrag berechtige die Firma zur Weiterbeschäftigung, erklärte Richterin Christine Schwarz.
Der Frankfurter Rechtsanwalt Markus Pfeifenberger, der den Betriebsrat vertritt, sagte: "Der Verleiher ist aus Sicht des Betriebsrates unseriös." Aufgrund einer ARD-Fernsehdokumentation war Trenkwalder in den Fokus der Behörden geraten. Konkrete Ermittlungsergebnisse hat die Bundesarbeitsagentur für Arbeit aber noch nicht veröffentlicht. Die Rechtsanwältin der Firma Amazon äußerte sich zunächst nicht. (…)
Ungeachtet dessen arbeite Amazon weiter daran, mit dem Betriebsrat eine außergerichtliche Lösung zu finden. Rechtsanwalt Pfeifenberger kündigte in den nächsten Wochen und Monaten weitere Gespräche zwischen Betriebsrat und Amazon an. Dabei werde das Thema Leiharbeit generell eine Rolle spielen.
Nach dem kritischen Fernsehbericht hatte Amazon die Zusammenarbeit mit zwei Firmen umgehend aufgekündigt. Die Staatsanwaltschaft Fulda ermittelt unterdessen gegen zwei Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Hensel European Security Services (H.E.S.S.) mit Sitz in Kassel wegen Nötigung und Freiheitsberaubung. Sie sollen TV-Journalisten in einem Hotelzimmer festgehalten und zur Herausgabe ihres Filmmaterials genötigt haben“.
FAZ, 22.02.2013, S. 19 (Zugriff: 04.03.2013)
Aus dem „Tagebuch einer Amazon-Packerin“:
„ Am Anfang stand das Inserat des Zeitarbeitsunternehmens Studitemps aus Köln, auf das ich im Internet stieß: 9,50 Euro Stundenlohn könne man in einem Logistikzentrum in Koblenz oder Augsburg verdienen. „Hinter die Kulissen eines global tätigen Unternehmens schauen“, hieß es in der Anzeige. Ich bewarb mich auf das Inserat. (…)
„Wer das Pech hatte, der Frühschicht zugeteilt worden zu sein, musste fortan sein Frühstück um 4 Uhr morgens einnehmen. Als Mitarbeiterin der Spätschicht arbeitete ich theoretisch von 15 bis 23 Uhr. Da allerdings noch das Mittagessen und die lange Fahrt hin zum Arbeitsplatz eingerechnet werden mussten, wurde die Zeitspanne von acht Stunden sehr deutlich ausgeweitet - ohne dass wir dies beeinflussen konnten. (…)
Untergebracht waren wir in verschiedenen Unterkünften in Lechbruck am See (sechzig Kilometer von Graben entfernt, achtzig Minuten Fahrt bis zum Arbeitsplatz). Ich teilte mir mit vier anderen jungen Frauen die Ferienwohnung, die spontan zur Verfügung gestellt worden war, denn am Bahnhof hatte es plötzlich zu wenige Schlafplätze gegeben. Die Wohnung befand sich fünf Minuten zu Fuß vom Restaurant entfernt, in dem wir in den kommenden Wochen unser Mittagessen einnehmen sollten. Als Begrüßungsmahlzeit gab es dort Suppe und eine Portion Nudeln in einem um- und angebauten Stall. Getränke mussten selbst gezahlt werden. (…)
Je Linie gibt es einen Aufseher, einen sogenannten „Co-Worker“, der für alle auftauchenden kleineren Schwierigkeiten verantwortlich ist. Über den Co-Workern standen in Graben fünf „Leads“, deren Aufgabe es ist, dass alles reibungslos funktioniert. Sie liefen daher die meiste Zeit durch die Linien und beobachteten die Mitarbeiter. Da sie im Grunde recht wenig zu tun haben, aber wichtig sind und über allen anderen stehen, merken sie sich etwa, wie oft man schon auf Toilette war, fragen, warum man nicht zur näheren Toilette gegangen sei (von deren Existenz man nicht wusste), und kontrollieren vor allem, dass alle schnell genug arbeiten. (…)
Theoretisch steht allen Mitarbeitern eine halbe Stunde Pause am Tag zu. Die Zeit läuft vom ersten Gong, bei dem man allerdings noch am Platz stehen muss. Sie endet mit dem zweiten Gong, bei dem man hingegen schon wieder am Platz stehen muss. Per Computer wird überprüft, wer sich zu früh aus- oder zu spät einloggt. Ein Problem wird daraus vor allem während der Weihnachtszeit, denn für Hunderte Arbeiter, die dann zu ihren Spinden und in die Kantine gelangen wollen, gibt es nur vier Sicherheitsschleusen. Addiert man die daraus folgenden Zeitverluste, ergibt sich insgesamt eine höchstens zwanzigminütige Pause. In der Kantine warm zu essen, war angesichts der Schlange dort nie möglich. Meistens verbrachten wir die Pause schweigend, weil jeder versuchte, so schnell wie möglich sein Essen zu verschlingen, um dann mit müdem Gesicht und immer noch schmerzenden Füßen zurück zur Arbeit zu gehen. (…)“.
Frankfurter Rundschau, 22.2.2013, S. 16 (Zugriff: 28.02.2013)
Die "Trenkwalder GmbH" kam als Dienstleister für Amazon ins Gerede, weil sie zu unwürdigen Bedingungen Paketpacker für Amazon besorgt und überlassen hatte. Mittlerweile hat auch die Agentur für Arbeit die Arbeitsbedingungen überprüft und Gesetzesverstöße bei Lohnhöhen und Urlaubsregelungen festgestellt. Der Firma drohen nun Bußgeld und Lizenzentzug.
Ausgerechnet Trenkwalder wurde 2011 als einer der besten Arbeitgeber im Wettbewerb „Great Place to Work“ („Großartiger Arbeitsplatz“) wegen Arbeitsklima, Famlienfreundlichkeit und Entwicklungsmöglichkeiten ausgezeichnet.
Befragt worden waren in 2010 nur die Festangestellten, nicht aber die Leiharbeiter von Trenkwalder. Die Teilnahme an der Umfrage ist übrigens nicht kostenfrei. Unternehmen in der Größe von Trenkwalder zahlen zwischen 11 000 und 20 000 Euro.
Frankfurter Rundschau, 26.02.2013, S. 15 (Zugriff: 26.02.2013)
Ein 34-jähriger Mitarbeiter des Leipziger Versandzentrums, der anonym bleiben möchte, berichtet über seine Arbeitsbedingungen: Aufgezeichnet von Steffen Höhne.
„ (…) Ich arbeite als „Picker“. (…) Zehn bis 15 Kilometer Wegstrecke lege ich am Tag im Lager zurück Aber nicht die körperliche Arbeit, sondern die ständige Kontrolle der Arbeitsprozesse und der damit verbundene psychische Druck waren und sind für mich die größte Belastung. Ein Computersystem zeichnet genau auf, wie schnell die Bestellungen von mir zusammengestellt werden. Dabei wird registriert, wenn falsche oder beschädigte Produkte gepackt werden und wie oft man „inaktiv“ ist. Jeder Toilettengang wird mitgezählt, damit die Arbeitszeit von 7,75 Stunden auch wirklich geleistet wird. In den ersten Monaten wurde fast täglich mit mir ein Gespräch geführt, ob ich meine Zahlen geschafft habe. Diese sogenannten „Feedbacks“, die jeder Mitarbeiter erhält, sollen die Leistung verbessern. Zufriedenheit wurde nie geäußert, wirklich nie. Erst später habe ich erfahren, dass ich einer der besten neuen Mitarbeiter war. (…)
Extra ist die Zeit, die man an den Sicherheitsschleusen verbringt. (...) Von den 1 700 Euro Brutto-Lohn im Monat kann ich leben. Einiges hat sich zum Positiven gewandelt, seit 2009 ein Betriebsrat die Arbeit aufnahm. Die Löhne wurden schrittweise angehoben, die Kontrollen an den Sicherheitsschleusen gehen schneller. Bei Problemen mit Vorgesetzten steht man nicht mehr alleine da. Doch alles musste immer erkämpft werden. Meine Erfahrung ist: Amazon reagiert nur auf Druck. (…)
Typisch für Amazon ist die Reaktion auf die Vorfälle in Bad Hersfeld: Da wird schnell die Sicherheitsfirma gefeuert, den Konzern trifft aber keine Schuld. Bei uns in Leipzig werden einige ältere Mitarbeiter von Vorgesetzten gemobbt, weil sie häufiger krank sind. Das ist nicht in Ordnung. Das würde sicher auch der Amazon-Deutschland-Chef so sehen. Untersucht oder zur Rechenschaft gezogen wurde meines Wissens aber nie jemand. (…)
Im Grundsatz bin ich nicht unzufrieden. Verglichen mit Zuständen in anderen Logistikfirmen geht es uns gerade bei der Bezahlung nicht schlecht. Der Amazon-Konzern, der großen Wert auf Kundenzufriedenheit legt, könnte ein tolles Unternehmen sein. Dafür müsste er aber besser mit seinen Mitarbeitern umgehen. Ich habe das Gefühl, und dies geht nicht nur mir so, dass ich nur eine Nummer bin. Bringt diese nicht die erwartete Leistung, wird sie ausgetauscht. (…)
Am vergangenen Freitag fand eine Betriebsversammlung statt. Der Chef der deutschen Amazon-Versandzentren sagte per Videobotschaft, dass Amazon betroffen über die Zustände in Bad Hersfeld gewesen sei. Er versprach auch, dass Amazon die Arbeitsbedingungen in den Versandzentren genau ansehen und verbessern will. Ich bin aber skeptisch. Schöne Worte habe ich schon öfters gehört".
Spiegel online, 21.02.2013 (Zugriff: 22.02.2013)
In einem Spiegel online-Interview bezieht Ralf Kleber, Geschäftsführer von Amazon Deutschland, Stellung zu verschiedenen Vorwürfen gegenüber Amazon.
„(…) SPIEGEL ONLINE: (…) Jetzt hagelt es Vorwürfe. Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten werfen Ihnen Ausbeutung von Leiharbeitern, Unterdrückung und Intransparenz vor. Was ist dran?
Kleber: Ich bedauere die Vorfälle in der Seepark-Siedlung. Die Fernsehbilder, die wir gesehen haben, machen mich betroffen, aber es ist falsch, diese Vorfälle als repräsentativ für die Personalpolitik von Amazon zu sehen. Dass ein Sicherheitsdienst in der gezeigten Art und Weise unsere Mitarbeiter bedrängt, das ist nicht akzeptabel. (…)
SPIEGEL ONLINE: Sie engagieren jedes Jahr rund 10.000 Mitarbeiter für das Weihnachtsgeschäft. Wie wollen Sie garantieren, dass Vorfälle wie die jetzt aufgedeckten nicht noch einmal vorkommen?
Kleber: Wir schauen uns den Fall genau an und gehen den Vorwürfen nach. Dass wir die Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsdienst und mit einem weiteren Dienstleister beendet haben, war nur der Anfang. Wir prüfen, welche weiteren Konsequenzen wir noch ziehen werden.
SPIEGEL ONLINE: (…) in der ARD-Reportage wird detailliert gezeigt, wie Leiharbeiter (…) für das Weihnachtsgeschäft nach Deutschland gekarrt und in Feriendörfern kaserniert werden. Wie passt das zu Ihrem Image als freundlicher Versandhändler?
Kleber: Zeitarbeit ist keine gängige Praxis bei Amazon. Wir beschäftigen in unseren Logistikzentren rund 8000 feste Mitarbeiter, hinzu kommen in der Weihnachtszeit noch über 10.000 Saisonkräfte, die bei Amazon direkt angestellt sind. Der Prozentsatz der Mitarbeiter, die über Zeitarbeitsagenturen zu uns kommen, ist dagegen gering. Wir haben aber den Anspruch, die Saisonkräfte genauso zu behandeln und zu bezahlen wie unsere Stammbelegschaft. Die Zeitarbeiter werden gemäß dem Tarifvertrag Zeitarbeit bezahlt und die, die von auswärts kommen, erhalten zusätzlich Kost und Logis.
(…) SPIEGEL ONLINE: Warum weigert sich Amazon, einen Tarifvertrag einzugehen?
Kleber: Wir zahlen in unseren Logistikzentren sowieso schon mehr als andere Logistikunternehmen. Als Unternehmen, das immer noch schnell wächst, brauchen wir aber mehr Flexibilität, als uns ein Tarifvertrag lassen würde.
SPIEGEL ONLINE: Wie viele Betriebsräte gibt es eigentlich bei Amazon Deutschland?
Kleber: Ich finde Betriebsräte sehr gut und ermuntere die Mitarbeiter in unseren Logistikzentren, Betriebsräte mitzugründen. An zwei von acht deutschen Standorten haben wir bereits Betriebsräte, an einem dritten formiert sich gerade einer. An allen anderen Standorten gibt es Mitarbeitervertretungen.
SPIEGEL ONLINE: (…) Das Bundeskartellamt vermutet, dass Sie Preise diktieren, indem Sie die unabhängigen Händler auf Ihrer Plattform verpflichten, ihre Produkte nirgendwo sonst günstiger anzubieten. (…)
Kleber: (...) Wir begrüßen es, weil das Verfahren endlich Klarheit in einer wichtigen Grundsatzfrage schaffen wird. (...)".
FAZ, S. 25, 20.02.2013 (Zugriff: 20.02.2013)
"Unter der Überschrift „Bye bye, Amazon - wir steigen aus“, die graphisch suggestiv in eine Mülltonne läuft, hat der Mainzer Verleger André Thiele auf der Internetseite seines Verlags VAT mitgeteilt, dass er von sofort an die Zusammenarbeit mit dem Online-Händler Amazon beendet. In seinem „Kündigungsschreiben“ spricht er von den „katastrophal schlechten Konditionen“, die Amazon ihm als Kleinverleger biete und die er jahrelang geschluckt habe. Thiele folgt damit dem Berliner Verleger Christopher Schroer, der am 15. Februar in einem offenen Brief an den Amazon-Chef Jeff Bezos ebenfalls die Auflösung seiner Zulieferer- und Kundenkonten angekündigt hatte. (...)
In Schroers und Thieles Schreiben werden gleich eine ganze Reihe von Mängeln und Problemen mit Amazon genannt. Thielen bemängelt zum Beispiel Folgendes an dem Vertrag mit Amazon: „50 % Rabatt, zzgl. 5 % Lagermiete, zzgl. Alleintragung aller Portokosten, zzgl. Jahresmitgliedsgebühr, zzgl. nahezu jedesmal für mich nicht nachvollziehbare zusätzliche Abzüge bei den verbleibenden Summen. De facto dürfte sich allein hieraus ein ,Rabatt‘ zu Ihren Gunsten von über 65 % ergeben. Von den verbleibenden 35 % - wenn es denn bei denen bliebe! - soll ich den Druck und die Autoren bezahlen? Träumen Sie?“
Und Schroer wirft Amazon in Gestalt seines Gründers und Präsidenten Jeff Bezos vor, „dass Sie mit luftigen Buchungstricks bei der Umsatzsteuer Ihren Gewinn maximieren; dass Sie von kleinen Zulieferern verlangen, Rechnungen zu stellen, die dann ins EU-Ausland versandt werden müssen; dass Sie sich vertraglich einen unglaublichen Skontorahmen einräumen lassen. Dass neue, frisch angelieferte Titel in Ihrem eigenen ,Marketplace‘-Anbieterkonto als Mängelexemplare auftauchen. Und dass Sie Kommissionswaren remittieren, die Sie nicht pfleglich behandelt haben und diese somit vom weiteren Verkauf ausgeschlossen sind.“ (...)
Der Verleger Thiele betont allerdings, dass er Amazons Geschäftspolitik schon seit 2008 beanstandet habe. Für Kleinverleger wie ihn ist der Verzicht auf Amazon ein schwieriger Schritt, da inzwischen bei vielen Buchkunden die Auffassung vorherrsche, was nicht bei amazon.de verfügbar sei, gebe es gar nicht.
(...) So hat die Bloggerin und Autorin Pia Ziefle schon im vergangenen November auf dem Netz-Portal „Carta“ von ihren Erfahrungen berichtet: Eines Tages habe sie per E-Mail einen Newsletter von einem Unternehmen erhalten, das sie nicht kannte. „Als ich den abbestellen wollte, habe ich erfahren, dass ich da Kunde bin“, erzählt sie nun im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Newsletter stammte von einem Tochterunternehmen Amazons. Pia Ziefle hat dann herausgefunden, dass Amazon die Daten seiner Kunden an jedes seiner hundertprozentigen Tochter-Unternehmen übertragen dürfe: „Amazon hätte mir ja auch mal mitteilen können: Es gibt nicht nur Bücher und Wäschetrockner, sondern jetzt auch noch Schuhe und Handtaschen - willst Du das?“"
ARD-Reportage, 13.02.2013 (Zugriff: 14.02.2013)
Eine ARD-Reportage berichtet über die Arbeits- und Lebensbedingungen von Leiharbeitern die für Amazon arbeiten und in der Nähe des Logistikzentrums Bad Hersfeld untergebracht sind.
So werbe Amazon jedes Jahr zur Hochsaison Wanderarbeiter aus dem Ausland an. Erst kurz vor der Abreise würden die Angeworbenen informiert, dass sie nicht durch Amazon, sondern bei einer Leiharbeitsfirma angestellt würden. Dem Bericht zufolge zahle die Leiharbeitsfirma deutlich weniger Lohn als im Anwerbeangebot versprochen. Die Leiharbeiter seien in entlegenen Ferienanlagen untergebracht. In dieser Ferienanlage überwache ein Sicherheitsdienst die Leiharbeiter rund um die Uhr. Gegenüber den Leiharbeitern bezeichne sich dieser Sicherheitsdienst als eine Art Polizei und dränge wiederholt in deren Privatsphäre ein. Die Reporter stellten weiterhin fest, dass dieser Sicherheitsdienst Verbindung zur rechtsradikalen Szene habe.
Zwischen Arbeitsstätte und Ferienanlage sei ein Shuttlebus eingerichtet, allerdings seien die Busse immer überfüllt und die Fahrtzeiten miserabel, so dass die Leiharbeiter auch mal stundenlang auf ihren Bus warten müssten.
Die Reporter berichteten weiterhin über die Einschüchterung und Kündigung einer Leiharbeiterin, die sich über die Bedingungen der Unterbringung in der Ferienanlage beschwert hatte.
Die ARD-Reportage ist in der ARD-Mediathek zu finden: Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon
ARD, das Erste, 13.02.2013, 22.45 Uhr (Zugriff: 09.02.2013)
"Jedes Jahr zur Hochsaison wirbt Amazon Deutschland tausende Wanderarbeiter aus dem Ausland an. Für viele Spanier ist der Ruf nach Deutschland in Zeiten der Eurokrise wie ein Lottogewinn.
Was die Arbeiter tatsächlich erwartet, ist eine böse Überraschung. Nicht Amazon legt ihnen in Deutschland einen Vertrag vor, sondern eine Leiharbeitsfirma. Deutlich weniger Lohn als bei der Anwerbung in Spanien versprochen, nach Feierabend stundenlanges Warten auf den überfüllten Bus, der sie über zig Kilometer Autobahn in ihre Unterkunft bringen soll. Sie leben zu zweit auf engstem Raum in einem zu dieser Jahreszeit verlassenen Ferienpark. Hier führt ein Sicherheitsdienst ein Regime, das auf Einschüchterung setzt und immer wieder in die Privatsphäre der Arbeiter eindringt. Wer sich wehrt, fliegt raus. Fristlos. Die Reportage deckt auf, was sich hinter der Fassade von Amazon.de verbirgt und wer dafür zahlt, dass die schöne neue Warenwelt des Internethändlers so billig zu haben ist".
Die ZEIT, S. 26, 15.11.2012 (Zugriff: 16.11.2012)
Die ZEIT berichtet, dass Amazon von den Arbeitsagenturen im Rahmen von "Maßnahmen beim Arbeitgeber" (MAG) zahlreiche Privilegien eingeräumt werden, die dem Unternehmen erhebliche Personalkosten einsparen und gleichzeitig befristete Beschäftigung ermöglicht.
Hinzu kommt, dass Behörden sogar Stäbe bilden, um Amazon bei der Personalbeschaffung unter die Arme zu greifen. "In Koblenz sichten sechs Angestellte der Behörde seit Monaten Bewerbungsunterlagen" - etwas, was normalerweise eine Firma selbst zu leisten hat.
Außerdem profiitiert das Unternehmen von kommunaler Wirtschaftsförderung, mit der Amazon der jeweilige Standort schmackhaft, veredelt oder bei den Kosten für die Infrastruktur erheblich entlastet wird. So kostete beispielsweise eine Haltestelle der Bahn vor dem Amazon-Betriebsgelände Graben bei Augsburg 1,1, Millionen Euro. Amazon hat dafür "keinen Cent dazubezahlt".
Die ZEIT, S. 26, 15.11.2012 (Zugriff: 16.11.2012)
"Leiharbeiter kamen bisher nur in Ausnahmefällen zum Einsatz. In diesem Jahr aber ist es anders. Bundesweit und im benachbarten Ausland suchen die Zeitarbeitsfirmen mindestens 4000 Mitarbeiter, unter anderem für das Logistikzentrum in Graben bei Augsburg, wo es noch letzter Jahr jede Menge Ärger gab. (…)
Offensichtlich war die Personalabteilung angesichts der anschwellenden Zahl von Mitarbeitern schlicht überfordert. Das allerdings passt nicht zum Perfektionismus, den das Management ansonsten an den Tag legt".
Die ZEIT, S. 26, 15.11.2012 (Zugriff: 16.11.2012)
"Picker sind jene Lagerarbeiter, die die Smartphones, Drucker und Katzenklos aus den Regalen picken. Sie legen leicht 20 Kilometer und mehr am Tag zurück. Ist jemand nicht schnell genug, wird er zum Gespräch zitiert. Wer sich auch dadurch nicht ausreichend beschleunigen lässt, dem droht die Abmahnung.
Außer den Pickern gibt es die Packer, die mit der immer gleichen Bewegung die Waren versandfertig machen. Das System teilt ihnen die passenden Kartons zu. Die Arbeitsschritte sind standardisiert und auf Effizient getrimmt. Wer dem Druck nicht standhält, muss damit rechnen, schneller draußen zu sein, als er rein gekommen ist.
(…) (...)
Auf den Handscannern der Picker wurde jüngst ein Countdown installiert, der im Sekundentakt herunterzählt, wie viel Zeit sie von einem Pick zum nächsten brauchen. Ziel sei nicht die Kontrolle von Mitarbeitern, so eine Sprecherin des Konzerns, sondern die Qualitätssicherung, um die Bestellungen schnell und zuverlässig zu liefern.
(...)
Allerdings staunte sie nicht schlecht, als sie ihren Arbeitsvertrag bekam: Darin ist geregelt, dass die Kündigungsfrist lediglich einen Tag beträgt. Hire and fire in Deutschland? In der Tat: Wenn ein Arbeitnehmer als vorübergehende Aushilfe für maximal drei Monate eingestellt wird, kann er auch hierzulande von heute auf morgen entlassen werden. (…) Für den Konzern aber bedeutet diese Konstruktion, dass er neun Monate lang seine Mitarbeiter ohne Angabe von Gründen ganz leicht wieder loswerden kann.
(…)
Zwei Drittel aller Beschäftigten sollen bei Amazon nur befristet beschäftigt sein. Genaue Zahlen gibt das Unternehmen nicht preis.
Die arbeitgeberfreundliche Praxis der Behörde [Arbeitsagentur] erregte viel Kritik. (…) In der Tat zeigen sich auch die Chefs anderer Unternehmen irritiert. Zwar will sich niemand öffentlich äußern. Aber alle beklagen den unfairen Wettbewerb. Dadurch seien langfristig gesicherte Arbeitsplätze für gute und qualifizierte Leute bedroht".
Spiegel online, 23.10.2012 (Zugriff: 23.10.2012)
"Das Konto einer Nutzerin von Amazons Kindle wird gesperrt, weil sie angeblich gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen hat. Auf ihre Nachfrage reagiert das Unternehmen schmallippig.
(...)
Wenn man sich durch das Angebot der E-Books auf Amazon klickt, dann gibt es zwar einen Button, auf dem "kaufen" steht, ein Blick in die Lizenzvereinbarungen von Amazon stellt aber ausdrücklich klar: "Digitale Inhalte werden durch den Anbieter von Inhalten lizensiert, nicht aber verkauft". Das heißt: Der Käufer kann das Buch nutzen, aber nicht besitzen. Verstößt man gegen die Nutzungsbedingungen, heißt es weiter, kann Amazon den Zugang zu den E-Books "ohne Erstattung von Entgelten sofort sperren". Damit unterscheidet sich der Kauf eines digitalen Buches eklatant von dem Kauf eines gedruckten Buches.
Genau das soll Linn nun auch gemerkt haben. Auf ihre Nachfrage hin erhält sie nur vage Antworten. Der Name des Accounts, der gegen die Nutzungsrechte verstoßen haben soll, bleibt ungenannt, der Entscheidungsprozess wird nicht erklärt. Stets wird der Hinweis wiederholt, dass der Account gesperrt bleibe. Der Pressesprecher verabschiedet sich mit den Worten: "Wir hoffen, dass Sie einen anderen Anbieter finden, der Ihre Bedürfnisse besser erfüllen kann."
Nach Veröffentlichung des Blogeintrags berichteten zahlreiche Medien über den Fall, Kritik wird laut. So laut, dass das Unternehmen binnen eines Tages reagiert und den Account inzwischen wieder freigeschaltet hat.
Auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE verweist Amazon auf einen Beitrag im Kundenforum. Dort heißt es: "Der Status eines Kundenkontos sollte die Zugriffsmöglichkeit eines Kunden auf seine Kindle-Bibliothek nicht beeinträchtigen."
Und weiter: "Sollte ein Kunde Probleme haben, auf Inhalte zuzugreifen, bitten wir ihn, sich direkt mit unserem Kundenservice in Verbindung zu setzen." Das hat Linn getan. Geholfen hat es ihr nichts".
heise.de, 18.07.2009 (Zugriff: 18.10.2012)
"Amazon hat gestern legal erworbene eBooks von den Kindle-Geräten seiner Kunden gelöscht. Betroffen waren ausgerechnet die Romane "1984" und "Animal Farm" des britischen Schriftstellers George Orwell.
Wie Amazon gegenüber der New York Times erklärte, seien die Bücher von einer Firma namens MobileReference in den Kindle-Store eingestellt worden, die die dazu nötigen Rechte nicht besaß; Amazon habe auf Hinweis des tatsächlichen Rechteinhabers Houghton Mifflin Harcourt gehandelt und die Synchronisierungsfunktion des Kindle zum Löschen der verkauften Bücher genutzt. Die Kunden haben den Kaufpreis zurückerstattet bekommen.
Offenbar hat der E-Commerce-Riese schnell begriffen, dass er einen PR-GAU gelandet hat; gegenüber der NYT beteuerte ein Amazon-Sprecher, dass man künftig auf solche Löschungen verzichten werde. Amazon vermarktet eBooks als moderne Entsprechung von gedruckten Büchern, die sich nur durch das Trägermedium unterscheiden – schließlich würde ein Händler auch nicht die verkauften Exemplare eines illegal hergestellten Buches wieder einsammeln. Die Käufer reagierten erstaunt und wütend, Blogger mit hämischen Kommentaren. Ob Amazon überhaupt das Recht hatte, die illegal angebotenen eBooks nachträglich zu löschen, ist umstritten – schließlich gewähren die Kindle-AGB ein dauerhaftes Nutzungsrecht. (...)".
Süddeutsche.de, 17.05.2010 (Zugriff: 12.10.2012)
"(...) Die Entschuldigung des Großen Bruders war knapp, aber unumwunden. "Dumm" und "gedankenlos", nannte Jeff Bezos, der Vorstandschef von Amazon am vergangenen Donnerstag das Vorgehen seiner Firma, die eine Woche zuvor über Nacht von den Kindle-E-Book-Readern ihrer Kunden die elektronischen Ausgaben von Orwells "1984" und "Farm der Tiere" gelöscht hatte.
Die Kunden hatten diese zwar bezahlt, hätten sie aber offenbar gar nicht erwerben dürfen, weil, wie Amazon später erklärte, der Verlag, der sie im Kindle-Store anbot, nicht im Besitz der Rechte war. "Vollständig selbst verschuldet" sei die heftige Kritik, der man nun ausgesetzt sei, so Bezos. In Zukunft, hatte Amazon schon zuvor versichert, werde man in solch einer Situation nicht noch einmal in gleicher Weise handeln. (...)"
Spiegel online, 26.07.2005 (Zugriff: 12.10.2012)
"(...) In den USA dürfen staatliche Stellen im Namen der Terrorabwehr von allen Unternehmen und Institutionen Auskunft darüber verlangen, was ihre Kunden tun und ihre Daten abfragen. Dazu ist kein offizieller Durchsuchungsbefehl notwendig und man benötigt auch keinen belegbaren Tatverdacht. Für die Erlaubnis ist ein von der Öffentlichkeit abgeschottetes Bundesgericht zuständig und die Beschlüsse können nicht von anderen Gerichten überprüft werden. "Amazon.com verlangt grundsätzlich eine gültige gerichtliche Vorladung, ehe der Anfrage nach Kundendaten von Seiten einer Strafverfolgungsbehörde nachgegangen wird", beharrt Christine Höger.
Bisher gibt es kaum Erkenntnisse, wie oft Amazon oder Ebay mit Anfragen staatlicher Stellen bedacht werden. "Als übliche Verfahrensweise kann das nicht lange verborgen bleiben. Es kann natürlich sein, dass es interne Fahndungshinweise sind und das man Schwerpunkte macht", sagt Dr. Ulrich Dammann. "Ich habe einen Betroffenen gebeten, mir die Erlaubnis zu geben, diesen Fall zu verfolgen, aber habe sie nicht bekommen."
Bisher ist nur der Fall einer Bundesbürgerin pakistanischer Herkunft bekannt geworden, die im Oktober 2003 nicht in die USA einreisen durfte. Die Grenzbeamten wussten dabei auffallend viele Einzelheiten über ihr Kaufverhalten bei Amazon.
(...)".
Der Freitag, 27.04.2011 (Zugriff: 12.10.2012)
"Welche Unternehmen verteidigen Kundendaten gegen staatliche Zugriffe? fragte der US-Thinktank Electronic Frontier Foundation. Die Antwort überrascht: Allen voran Google
(...)
Die EFF hat untersucht, wie bereitwillig große Internetfirmen Benutzerdaten an staatliche Behörden weitergeben, wie transparent sie dabei sind und ob sie sich auch juristisch und politisch für die Datensicherheit der eigenen Nutzer einsetzen. Ergebnis: Die meisten Unternehmen erzählen weder der Öffentlichkeit noch ihren Nutzern, welche Daten sie an wen weitergeben. Keine Informationen gibt es laut EFF von Amazon, Facebook, Microsoft, Myspace, Skype und Yahoo. Rühmliche Ausnahmen sind Google und Twitter. (...)"
Stern online, 15.07.2012 (Zugriff: 12.10.2012)
"Wie der Kundendienst auf Anrufe reagiert, spiele keine Rolle, mahnte Jeff Bezos. "In dem Augenblick, in dem man Kundendienst leisten muss, ist es schon zu spät", sagte der Gründer des Onlinehändlers Amazon vergangenes Jahr in einer Rede. "Der beste Kundendienst ist der, bei dem der Kunde nicht anrufen muss, einem nichts zu sagen hat. Es läuft einfach."
Dieser Ansatz steht beispielhaft für die Arbeitsweise, die Bezos dem US-Unternehmen anerzogen hat - pragmatisch, wirtschaftlich, datengestützt und streng analytisch. Mit dieser Strategie hat der 48-Jährige den Versandhändler zu einem Konzern geformt, der den Umsatz im ersten Quartal erneut, um 34 Prozent auf 13,2 Mrd. Dollar, steigern konnte. Allerdings hat sie ihm auch Beschwerden eingebracht - unter anderem seiner Mitarbeiter.
Bezos' Inspiration ist Toyota. Der Amazon-Gründer verknüpfte die Prozesse des japanischen Autobauers mit technologischer Intelligenz, die sich mit der von Facebook, Google und Apple messen kann. Doch während einige im Silicon Valley hoch dotierte Träumer sind, arbeiten bei dem im verregneten Seattle ansässigen Amazon-Konzern schnörkellose Macher. "Es herrscht eine recht darwinistische Atmosphäre", sagt Shel Kaphan. Er war Bezos' erster Mitarbeiter bei Amazon und verließ es 1999. "Kein Vorgesetzter kümmert sich um einen. Es heißt nicht: Was kann dieses Unternehmen für dich tun? Es heißt: Du bist verantwortlich, du musst Leistung erbringen, oder du sitzt vor der Tür."
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Bei Amazon heißt es, man sei davon besessen, das zu tun, was für die Kunden am besten sei. Dieser Kurs scheint aber zulasten der Mitarbeiter zu gehen. Lagerhausmitarbeiter klagten vergangenes Jahr über extrem strenge Produktivitätsziele bei Temperaturen, die im Sommer mehr als 38 Grad Celsius erreichten. Vor dem Lager ließ Amazon Krankenwagen auffahren, um Menschen zu behandeln, die unter der Hitze litten. Amazon hält den Vorwürfen entgegen, dass die Zahl der Arbeitsunfälle und Krankheiten unter dem Durchschnitt für die Lagerhausbranche liege. Man gebe dieses Jahr 52 Mio. Dollar aus, um Vertriebszentren mit Klimaanlagen nachzurüsten.
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beck-blog, 02.12.2011 (Zugriff: 11.10.2012)
Kommentar von Prof. Dr. Markus (Universität Heidelberg) zu Amazons Beschäftigungspraktiken:
"Der Online-Versandhändler Amazon steht in der Kritik, eine Lücke des deutschen Sozialgesetzbuchs massenhaft auszunutzen. Das Unternehmen beschäftigt laut Spiegel nicht nur während des Weihnachtsgeschäfts in seinen fünf deutschen Logistikzentren Tausende Arbeitslose befristet als Saisonarbeiter, sondern lässt viele von ihnen zuvor eine sogenannte "Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung" absolvieren. Dies dient vor allem zur Einarbeitung. Die Betroffenen arbeiten dann meist sechs Wochen, bekommen aber nur vier bezahlt. Die restlichen zwei Wochen erhalten sie weiterhin die Leistungen der Agenturen für Arbeit oder der Jobcenter. Diese Praxis ist zwar legal. Allerdings wiederholt Amazon bei vielen der Aushilfen das Prozedere jedes Jahr, obwohl sie im Jahr zuvor bereits eingestellt waren und eine Einarbeitungszeit damit unnötig ist.
Für Amazon ist das offenbar ein lukratives Geschäft. Arbeitnehmervertreter schätzen, dass von den mehr als 9.000 befristeten Aushilfen bei Amazon etwa die Hälfte zum festen Stamm gehören und jedes Jahr wieder befristet eingestellt werden. Dies allerdings erst, nachdem die von der Agentur für Arbeit bezahlte Praktikumsphase abgeschlossen ist. In einem Interview mit Spiegel Online verteidigt Armin Cossmann, Leiter der deutschen Logistikzentren, die Vorgehensweise des Online-Versandhändlers. Sie biete Menschen ohne Arbeit eine Perspektive. Selbstkritisch heißt es dann immerhin: „Wo sich herausstellt, dass eine Trainingsmaßnahme tatsächlich mehrfach durchgeführt wurde, werden wir das selbstverständlich korrigieren und den Arbeitsvertrag rückwirkend ändern. Das wäre dann ein Fehler, der passiert ist"".
golem.de, 05.07.2011 (Zugriff: 11.10.2012)
"(...) Bithack vertreibt das Android-Spiel Apparatus nicht mehr über den Amazon Appstore. Dieser sei "ein Desaster", um den nicht nur Indie-Entwickler, sondern auch die Kunden einen Bogen machen sollten.
(...) Bithack hat das auf seiner Webseite begründet und heftige Kritik an Amazon geübt. Der Review-Prozess von Amazon sei zu langsam, es würde trotz dafür existierender Rubrik gar nicht auf neue Apps hingewiesen, es gebe unabgesprochene Sonderangebote und Amazon verkaufe auch an Kunden, deren Geräte gar nicht kompatibel sind.
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Mit ihrer Kritik steht Bithack nicht alleine da. So hatte auch die IGDA, eine Vereinigung unabhängiger Spieleentwickler, vor dem Amazon Appstore gewarnt. Eine Partnerschaft mit dem Onlinehändler könnte weitreichende negative Folgen für App-Entwickler und ihre Einnahmen haben".
Focus online, 06.02.2009 (Zugriff: 11.10.2012)
"(...) Der gläserne Kunde ist längst Realität: Marketingspezialisten erfassen das Kaufverhalten immer umfassender. Vor personalisierter Werbung gibt es daher wenig Entkommen.
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Targeting heißt im Marketingdeutsch die zielgruppengenaue Einblendung oder Zusendung von Werbung. Die bekommt beispielsweise jeder, der hin und wieder bei Amazon einkauft.
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Was Amazon aus seinen Kenntnissen macht, bleibt ein Geheimnis. „Wir äußern uns dazu nicht“, wiegelt Pressesprecherin Christine Höger knapp ab. Sie weist nur darauf hin, dass man den Kunden ja nach einem Klick auf den Link „Warum wurde mir das empfohlen“ erkläre, wie Amazon auf diesen Tipp kommt. „Das ist sehr transparent.“ Außerdem könne man als Kunde selbst bestimmen, was angezeigt wird: „Empfehlungen, die Ihnen unpassend erscheinen, können Sie einfach wegklicken.“ (...)"
FAZ, 09.10.2012 (Zugriff: 10.10.2012)
"(...) Koblenz ist nicht der erste Standort, an dem Amazon-Mitarbeiter versuchen, Betriebsräte zu gründen. Das Unternehmen stellt sich dabei generell auch nicht quer: An allen sieben deutschen Logistikstandorten gebe es sogenannte Mitarbeiterforen, die die Kommunikation zwischen Arbeitern und Management fördern sollen, teilt Amazon auf Anfrage mit. Und: „Wenn unsere Mitarbeiter die Etablierung eines Betriebsrat möchten, so fördern wir dies ebenso wie jedes andere Gremium, das eine kontinuierliche Kommunikation gewährleistet.“
Gewählte Betriebsräte existieren nach Angaben von Verdi zurzeit an den Logistik-Standorten Bad Hersfeld sowie Leipzig. Zuletzt hatten aber auch Mitarbeiter der nordrhein-westfälischen Standorte Rheinberg und Werne begonnen, sich in Mitarbeitervertretungen zu organisieren. Sie beklagten ähnlich wie die Koblenzer Kollegen drei Punkte. Zum einen kündige Amazon häufig zu spät an, wenn Mitarbeiter am Abend länger bleiben oder kurzfristig Wochenendschichten übernehmen müssen, um aufgelaufene Bestellungen abzuarbeiten. Dieses Vorgehen greife zu sehr in das Privatleben der Mitarbeiter ein, sagt Sabine Busch, Verdi-Sekretärin für den für Rheinberg zuständigen Bezirk Linker Niederrhein. Außerdem beklagt die Gewerkschaft, dass die Logistik-Mitarbeiter unter dem Tariflohn bezahlt werden würden: Ein Kommissionierer erhalte bei Amazon 9,83 Euro Stundenlohn, wohingegen der geltende Tarifvertrag 12,28 Euro vorsehe. Und schließlich bringe Amazon seinen Logistik-Mitarbeitern generell nur wenig Respekt entgegen, kontrolliere über die elektronischen Handscanner, die ein Paketpacker benutzt, die Produktivität und behandle sie als reine Arbeitskraft.
Was die Arbeitszeit betrifft, hält Amazon entgegen: Weil das Unternehmen Kundenwünsche zu erfüllen habe und saisonalen Absatzschwankungen unterliege, könnten Überstunden auch trotz sorgfältigster Planung erforderlich werden. Dabei stelle das Unternehmen aber sicher, dass die gesetzliche Höchstarbeitszeit nicht überschritten werde. Außerdem sorge man „so weit möglich dafür, dass Überstunden mit den persönlichen Verpflichtungen zu vereinbaren sind“. Dringende persönliche Pflichten würden dabei immer beachtet. Generell behandle man Mitarbeiter mit Respekt, heißt es weiter.
Beim Thema Lohn verweist das Unternehmen darauf, dass die Mitarbeiter für die jeweiligen Regionen „wettbewerbsfähige Löhne und Gehälter“ erhalten. Daneben könnten Mitarbeiter einen leistungsbezogenen Bonus erhalten.
(...)"
Welt online, 05.10.2012 (Zugriff: 10.10.2012)
„Der Online-Händler Amazon hat Kritik an den Arbeitsbedingungen in seinen deutschen Logistikzentren zurückgewiesen. "Wir sind kontinuierlich mit den Mitarbeitern in Gespräch, auch wenn es um Überlastung oder das Absagen von Schichten geht", sagte Deutschland-Geschäftsführer Ralf Kleber der "Berliner Zeitung".
Das Unternehmen wird von der Gewerkschaft ver.di wegen der Arbeitsbedingungen in seinen Logistikzentren kritisiert. Mitarbeiter klagen demnach über respektlosen Umgang, hohen Druck und kurzfristige Schichtplanung. Amazon betreibt sieben Versandzentren in Koblenz, Rheinberg, Graben, Leipzig, Werne und Bad Hersfeld.
Gegen die von ver.di angemahnte Gründung von Betriebsräten an zwei Standorten Versandzentren in Nordrhein-Westfalen habe Amazon nichts, sagte Kleber. "Wenn unsere Beschäftigten einen Betriebsrat wollen, dann unterstützen wir sie dabei." Er betonte auch, dass kein Mitarbeiter um seinen Job fürchten müsse, wenn er kurzfristig anberaumte Schichten nicht antreten könne.“
bücherreport.de, 30.03.2012 (Zugriff: 04.10.2012)
Mit dem Vorwurf Raubkopien von historisch-kritischen Ausgaben der Werke Franz Kafkas anzubieten, hat der Stroemfeld Verleger KD Wolf Strafanzige gegen Amazon, dessen Tocher Abebooks und eine münchner Internetbuchhandlung erhoben.
"Per Print on Demand würden die ursprünglich im Stroemfeld Verlag erschienenen Werke über den Amazon Marketplace (hier) bzw. Abebooks (hier) angeboten. Die Originale seien eingescannt worden und würden nun als Nachdrucke angeboten, so der Vorwurf.
Zwar sei das Werk Kafkas gemeinfrei – nicht aber die historisch-kritischen Ausgaben, heißt es in dem Strafantrag, der buchreport.de vorliegt. Unterschrieben haben auch die Herausgeber der Reihe, Roland Reuß und Peter Staengle.
Auf Anfrage von buchreport.de teilte Amazon mit, man habe unverzüglich reagiert und die entsprechenden Titel entfernt. Eine Überprüfung der Redaktion am Freitagmorgen hat allerdings ergeben, dass einige Titel immer noch im Amazon Marketplace zu finden sind (...).
Amazon selbst sei es ein wichtiges Anliegen, sämtliche Rechtsverletzungen auf seiner Website möglichst schnell und effektiv zu unterbinden, heißt es von Amazon weiter. Unter http://amzn.to/H7f5Hm könnten Urheber Amazon über die Verletzung gewerblicher Schutzrechte informieren, was eine schnelle Reaktion auf einen gemeldeten Rechtsverstoß sicherstelle.
(...)".
FAZ online, 23.05.2012 (Zugriff: 04.10.2012)
In diesem Artikel finden sich kritische Äußerungen zu Rezensionen beim Versandhändler Amazon.
Thorsten Wiedau, ehemaliger Top-Rezensenten, berichtet:
"“Wer in der Rangliste aufsteigen will, muss vor allemines tun“, sagt Wiedau: „Fünf Sterne vergeben.“ Als er 2002 seine erste Besprechung online stellte, seien die Mechanismen durchschaubar gewesen: An der Spitze standen Vielschreiber. Schrittweise habe Amazon den Algorithmus verfeinert. Heute wandere nach oben, wer vor allem positive Rezensionen schreibe. Und positiv bei Amazon heiße: mit fünf Sternen und nicht weniger prämiert.
(...)".
Ein aktueller Top-Rezensent äußert gegenüber der Zeitung:
"“Da toben sich lauter Verrückte aus“, sagt auch ein aktueller Spitzen-Rezensent, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Und der Konzern tut nichts dagegen.“ Wer keine fünf Sterne verteile, riskiere einen „shit storm“ von Beschimpfungen, unter den Top Ten sei es gang und gäbe, sich gegenseitig „abzuklicken“, also massenhaft negativ zu bewerten. Das gehe, wenn man verschiedene Accounts benutze oder zwischendurch immer mal wieder etwas als hilfreich bewerte. (...)"
Spiegel online, 27.11.2011 (Zugriff: 02.10.2012)
"Der Online-Versandhändler Amazon steht in der Kritik, eine Lücke des deutschen Sozialgesetzbuchs massenhaft auszunutzen. Das Unternehmen beschäftigt laut SPIEGEL nicht nur während des Weihnachtsgeschäfts in seinen fünf deutschen Logistikzentren Tausende Arbeitslose befristet als Saisonarbeiter, sondern lässt viele von ihnen zuvor eine sogenannte "Maßnahme zur Aktivierung und berufliche Eingliederung" absolvieren.
Dies dient vor allem zur Einarbeitung. Die Betroffenen arbeiten dann meist sechs Wochen, bekommen aber nur vier bezahlt. Die restlichen zwei Wochen erhalten sie weiterhin die Leistungen der Agenturen für Arbeit oder der Jobcenter. Diese Praxis ist legal. Allerdings wiederholt Amazon bei vielen der Aushilfen das Prozedere jedes Jahr, obwohl sie im Jahr zuvor bereits eingestellt waren und eine Einarbeitungszeit damit unnötig ist.
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"Es ist nicht vorgesehen, dass Kunden mehrere Maßnahmen hintereinander beim selben Arbeitgeber machen", sagt eine Sprecherin der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Agentur für Arbeit dem SPIEGEL. Dass dies bei Amazon offenbar tausendfach passiert, sei "ein Fehler, der korrigiert werden muss". Amazon erteilte keine Auskunft darüber, wie viele befristet Beschäftigte bereits mehrere unbezahlte Praktika machen mussten. (...)"
Spiegel Online, 15.04.2007 (Zugriff: 28.09.2012)
Die sogenannten Kundenrezensionen sind von zweifelhafter Qualität. Anonym können sich Autoren selbst loben, Konkurrenten vernichtend kritisieren. Das gilt auch für Verlage und Agenten von Verlagen. Es soll Kundenrezensenten geben, die pro Tag 10 Rezensionen einstellen oder 1500 im Jahr - für kein Geld? Bis heute hat Amazon diesen Guerilla-Taktiken keinen Riegel vorgeschoben. Amazon versteht Rezensionen als Kundenforum. Wenn es nicht auch eine Waffe sein könnte...